Stadtentwicklung in Neuss Priorität für drei Ortsmittelpunkte

Grefrath/Erfttal · Die Verwaltung hat sich festgelegt: Grefrath, Erfttal und das Barbaraviertel sollen Priorität genießen, wenn in den Ortsteilen Treffpunkte der Bürger gestärkt werden.

Für den Platz zwischen Blücherstraße und Düsseldorfer Straße erkennt die Verwaltung großen Sanierungsbedarf.

Für den Platz zwischen Blücherstraße und Düsseldorfer Straße erkennt die Verwaltung großen Sanierungsbedarf.

Foto: Christoph Kleinau

Lüttenglehner Straße 64: Hinter der Adresse verbirgt sich ein Platz mit Potenzial. Ursprünglich geriet er auf die politische Tagesordnung, weil die Mauer, die den höher gelegenen Parkplatz von der Durchgangsstraße trennt, saniert werden müsste. Das soll nun mit dem Versuch verknüpft werden, das kirchliche Grundstück mit seiner schönen Linde zu einem Treffpunkt im Ort aufzuwerten. Es wäre die erste Maßnahme im Zusammenhang mit dem 2019 angeschobenen Ortsmittelpunktkonzept und gehört zu den Top Drei, die die Verwaltung der Politik ans Herz legt. Genau wie Erfttal und das Barbaraviertel.

Mit der Prioritätensetzung, die der Planungsausschuss in der kommenden Woche allerdings noch bestätigen muss, zieht die Verwaltung auch eine Erkenntnis aus dem bisherigen Verfahren mit Online-Bürgerbefragung und einigen Stadtteilrundgängen. Dabei sei die Vielfalt von unterschiedlichen Aspekten deutlich geworden, die bei der Planung zu berücksichtigen wären, dass eine Fokussierung angezeigt erscheint. So wurden aus 13 denkbaren Ortsmittelpunktvorhaben in Ortsteilen mit mehr als 2000 Einwohnern die drei herausgegriffen, wo die Verwaltung den größten Handlungsbedarf ausmacht. Anders ausgedrückt: „Wo man größere Veränderungen bewirken kann“, wie es Planungsdezernent Christoph Hölters ausdrückt.

Von der Priorisierung wurde der Ortsteil Weckhoven, aus dem bei der Onlinebefragung die meisten Anregungen eingegangen waren, ebenso ausgenommen wie Grimlinghausen. Dort war die Verwaltung so weit, mit der Umgestaltung des so genannten Hüsenplatzes im Vorgriff auf das Gesamtkonzept einen Testballon zu starten. Das scheiterte an den Nutzungskonflikten, weil der Platz nur eines sein kann: Parkplatz oder Treffpunkt.

Für Hölters stellt sich deshalb die Frage, was die Bürger von einem Ortsmittelpunkt erwarten (dürfen). Und weil es „ihr“ Platz ist, werden sie mitbestimmen. Auch die Pläne für die „Top Drei“ sind noch nicht fertig, sondern werden in diesem und im nächsten Jahr erarbeitet. Aus Stadtteilspaziergängen werden kurzfristige Maßnahmen entwickelt, bevor ein umfassender Gestaltungsentwurf formuliert wird.

Wie das aussehen kann, zeigt Hölters am Beispiel Barbaraviertel auf, das auf politischen Beschluss ein Upgrade in die „Top Drei“ erfuhr. Ein Beschleuniger im Verfahren waren Klagen von Anwohnern über den Durchgangsverkehr auf der Düsseldorfer Straße, die mit einer Unterschriftensammlung dokumentiert wurden. Vorrangig geht es um eine Aufwertung des Platzes zwischen Düsseldorfer Straße und Blücherstraße. Der aber wird nicht isoliert betrachtet, sondern – so wie der Theodor-Heuss-Platz im Kontext des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) Hauptbahnhof – in seinen Wechselwirkungen untersucht. Konkret: Mit dem Platz müsste auch der noch mit Betonsteinen gepflasterte Radweg betrachtet werden, zudem steht der barrierefreie Umbau der Straßenbahnhaltestelle auf der To-do-Liste. Das könnte den Einbau eines Bahnsteiges in die Straße nötig machen und wäre ganz im Sinne des SPD-Stadtverordneten Hakan Temel, der die Unterschriftensammlung unterstützt hat. „Das würde schon zur Verkehrsberuhigung beitragen“, sagt er überzeugt.

Für Erfttal diagnostiziert die Verwaltung städtebauliche Defizite, Leerstand und fehlende Aufenthaltsqualität. Ansatzpunkt für eine Verbesserung sieht Hölters „rund um die Euskirchener Straße“ mit seiner kleinen Ladenzeile. In Stein gemeißelt ist das nicht, denn im Frühjahr soll auch das Moderationsverfahren neuen Schwung nehmen, mit dem eine zukunftsorientierte Nutzung der überdimensionierten Bezirkssportanlage Erfttal erarbeitet werden soll. Ein schon vorliegender Zwischenbericht gibt die Richtung vor: Wohnbauflächen, Flächen für Sport und für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Auch das könnten Ansätze für einen Ortsmittelpunkt sein. Kernfrage sei, so Hölters, „wo trifft man sich?“

Hakan Temel (l.) unterstützt die Bürger im Barbaraviertel.

Hakan Temel (l.) unterstützt die Bürger im Barbaraviertel.

Foto: Christoph Kleinau
 Der Parkplatz neben dem Pfarrheim St. Stephanus hat das zeug, zu einem echten Treffpunkt im Ort ausgebaut zu werden. Bis das geklärt ist, bleiben andere Vorhaben für den Ort in der Schublade.

Der Parkplatz neben dem Pfarrheim St. Stephanus hat das zeug, zu einem echten Treffpunkt im Ort ausgebaut zu werden. Bis das geklärt ist, bleiben andere Vorhaben für den Ort in der Schublade.

Foto: Christoph Kleinau

In Ortsteilen wie Holzheim mit seinem Hindenburgplatz oder in Reuschenberg oder Gnadental mit ihren Ladenzentren ist diese Frage einfacher zu beantworten, als zum Beispiel in Grefrath. Dort gibt es mit der Stephanus-Kirche zwar so etwas wie eine geografische Mitte, aber kein Nahversorgungszentrum im Sinne des Neusser Einzelhandelskonzeptes. Deshalb richtet die Stadt ihren Blick auf den Parkplatz gleich neben dem 1953 als „Haus der Landfrau“ errichteten Pfarrheim. Ob daraus ein Treffpunkt werden darf, soll mit der Kirchengemeinde verhandelt werden. Sanierung von Mauer und Parkplatzfläche sowie der barrierefreie Umbau der angrenzenden Bushaltestelle werden bis zu deren Abschluss zurückgestellt.

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