Schulleiter Olaf Templin im Interview Inklusion im Neusser Schulalltag nur schwer umsetzbar

Neuss · Olaf Templin, Schulleiter der Gesamtschule Nordstadt, spricht über fehlendes Personal und Schwierigkeiten mit Inklusion im Schul-Alltag.

 Klarer Appell für das Modell Förderschule: Olaf Templin.

Klarer Appell für das Modell Förderschule: Olaf Templin.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Herr Templin, seit der Gründung der Schule im Jahr 2011 ist die Gesamtschule Nordstadt eine inklusive Schule. Wie funktioniert Inklusion in der Praxis?

Olaf Templin Die neue Landesregierung hat ja eine Konzentration durchgeführt und Gymnasien weitgehend aus der Inklusion rausgenommen. Das führt in Neuss dazu, dass die Gesamtschulen und die Realschule alleine „zuständig“ sind.

Ist das gerecht?

Templin Wenn man Inklusion machen will, dann darf man meiner Meinung nach nur noch ein Schulsystem haben – nämlich Gesamtschulen. Das dreigliedrige Schulsystem ist für eine flächendeckende Inklusion nicht geeignet. Oder jede Schulform muss einen Teil übernehmen.

Aber die Landesregierung hat doch zusätzliche Stellen ausgeschrieben. Das klingt zunächst nach Entlastung.

Templin Ja, das ist erst einmal positiv. Wir bekommen die Stellen auch zugeteilt, aber nicht besetzt. Es gibt einfach keine Sonderpädagogen auf dem Markt. Keine Chance.

Wie viele Sonderpädagogen fehlen Ihnen?

Templin Ich schätze mindestens  sechs.

Wie kompensieren Sie das im Schul-Alltag?

Templin Wir versuchen, manchen Kollegen eine berufsbegleitende Ausbildung anzubieten. Damit könnten „normale“ Lehrer für die Sekundarstufe eins nach anderthalb Jahren Sonderpädagogen werden. Das ist allerdings keine flächendeckende Lösung.

Wir läuft’s im Unterricht?

Templin Wir machen eine Ersatzlösung. Für die Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Lernen und geistige Entwicklung“, die nicht nach den gleichen Lehrplänen lernen, haben wir einen sogenannten Supportroom eingerichtet – also die Förderschule in der Regelschule. Wir können es anders gar nicht leisten.

Wie sollte es normalerweise sein?

Templin Diese Kinder sollten eigentlich in den Regelunterricht integriert werden, in den Klasse sollte es – in der Theorie – dann eine pädagogische Doppelbesetzung geben.

Was muss geändert werden?

Templin Ich denke, dass die Schulen des gemeinsamen Lernens mehr Mitspracherecht haben sollten in der Frage, welche Schüler sie im Regelsystem beschulen können. Und es muss mehr Geld und eine undogmatischere Lösung für Kinder mit besonderen Lernbedarfen geben.

(jasi)
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