Vortrag vom Ökonom Niko Paech Ein Appell ans eigene Konsumverhalten

Neuss · Zum Start der „Woche der Nachhaltigkeit“ sprach der Ökonom Niko Paech über die „Befreiung vom Überfluss“.

 Ökonom Niko Paech sprach zum Auftakt der „Woche der Nachhaltigkeit“.

Ökonom Niko Paech sprach zum Auftakt der „Woche der Nachhaltigkeit“.

Foto: Andreas Woitschützke/Woitschützke, Andreas (woi)

Niko Paech ist so etwas wie ein Guru für alle, die längst nicht mehr daran glauben, dass immer größeres Wirtschaftswachstum und Klimaschutz miteinander in Einklang zu bringen sind.

Im Rahmen der „Woche der Nachhaltigkeit“ kam der Oldenburger jetzt nach Neuss: Die Resonanz war so groß, dass weitere Stühle herbeigeschafft werden mussten im Pauline-Sels-Saal des Romaneums. „Befreiung vom Überfluss“ lautete das Thema. Im Laufe seines höchst interessanten Vortrags machte der 57-Jährige deutlich, dass eine gravierende Konsumzurückhaltung  die Lebensqualität nicht schmälere – im Gegenteil.

Bürgermeister Reiner Breuer eröffnete als Schirmherr die Veranstaltung, die von dem Neusser Nachhaltigkeitsberater Ralf Resch moderiert wurde. Eines vorweg: Niko Paech sollte gründlich mit fest verankerten Illusionen aufräumen. „Grünes Wachstum“ bedeutet für ihn so viel wie „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Und Paech hält auch nichts von der Energiewende: „Das ist pure Techniküberschätzung.“

Auch die Elektromobilität sei keine Antwort: „Weniger Öl, mehr Lithium, das kann es nicht sein.“ Bioenergie schade dem Grundwasser, trage nicht bei zur CO2-Reduzierung. Niko Paech machte folgende Rechnung auf: „Um die Klimaschutzziele zu erreichen, darf jeder Mensch nur noch 2,5 Tonnen CO2 pro Jahr produzieren – in Deutschland liegen wir derzeit bei zwölf Tonnen.“ Die Botschaft von Politikern, keiner müsse auf etwas verzichten, sei falsch. Der Referent ist nicht nur gegen weiteres Wirtschaftswachstum, er fordert, dass es um rund 50 Prozent reduziert wird. „Das wäre der Stand, wie wir ihn Anfang der 1970er Jahre hatten“, erklärte der 57-Jährige. 20 Stunden Arbeit pro Woche würden dann reichen. Die gewonnene Zeit könnte genutzt werden, um einen Nutzgarten anzulegen, um Geräte zu reparieren, statt sie wegzuwerfen und durch neue zu ersetzen. Außerdem müsste nicht jeder einen Rasenmäher, eine Bohrmaschine oder andere Geräte haben.

Niko Paech bemühte die Glücksforschung, wonach von einem bestimmten Wohlstandsniveau an Glück und Zufriedenheit bei wachsenden Einkommen nicht weiter anstiegen. In Deutschland seien im Jahre 2010 doppelt so häufig Antidepressiva verschrieben worden wie zehn Jahre zuvor. Dabei benutzte er Begriffe wie „Konsum-Burnout“ und „Konsumverstopfung“.

Dass eine radikale Umstellung wie von ihm geschildert nicht einfach ist, das scheint ihm bewusst zu sein: „Man braucht Gleichgesinnte, Freunde, die sich gegenseitig darin bestärken, aus ihrem ungewöhnlichen Handeln ein neues Selbstbewusstsein schöpfen.“

Besonders umweltschädlich sind für den 57-Jährigen Flüge und Kreuzfahrten.  „Werden Sie Kunde bei einem Ökostromanbieter, aber bedenken Sie folgendes: „Den CO2-Ausstoß durch einen Langstreckenflug können Sie durch Ökostrom in Ihrem Leben nicht mehr ausgleichen.“

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