Neusser Mosaike Wo früher Margarine produziert wurde

Neuss · Die letzte Tour der Reihe „Neuss Mosaike“ führte die Teilnehmer an die Wolberostraße, wo bis 1935 Rama und Sanella produziert wurden. Heute ist dort eine Weinhandlung sowie Werkstätten und Probebühne des Landestheaters.

Die Margarine-Marken Sanella und Rama kennt jedes Kind. Sie gehören zur „Margarine-Union“ und wurden bis 1935 an der Wolbero-Straße produziert, und zwar in dem Gebäude, in dem heute die Weinhandlung Poertzgen ihre Geschäftsräume hat und in dem das Rheinische Landestheater (RLT) Werkstätten und Probenbühnen unterhält. Dieses interessante Ensemble war Ziel der letzten „Neusser Mosaike“ für dieses Jahr.

Frank Orbons, am RLT für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die Theaterpädagogin Tanja Meurers und Werkstättenleiter Waldemar Rüttgers gewährten der Gruppe Einblicke hinter die Kulissen der bunten Theaterwelt. In der Werkstatt wird das Unmögliche möglich gemacht, da werden Menschen zum Schweben gebracht, Klaviere können von alleine spielen.

„Ein Schreiner muss bei uns nicht nur mit Holz, sondern auch mit Stoffen und Metall umgehen können“, sagte Rüttgers. Der 57-Jährige hat gleich mehrere Berufe: Er ist Gas- und Wasserinstallateur, Schreiner, Schlosser und Schweißer. Die Gruppe schaute sich im Magazin die bizarre Welt der Requisiten an, wo ein Kamel neben einer schneebedeckten Tanne steht. Alles wirkt wie eine riesige Trödelhalle. In der obersten Etage ist einer von drei Probenräume. Die Zimmer davor wirken wie die einer Wohngemeinschaft. Frank Orbons plauderte aus dem Nähkästchen: „Geprobt wird immer von 10 bis 14 Uhr und von 18 bis 22 Uhr, der Samstagnachmittag ist frei.“

Er erklärte, dass das Neusser Theater eines von vier Landestheatern mit einem zentralen Pressebüro in Siegen ist. „Von Neuss aus wird vor allem der Niederrhein bespielt“, erklärte Orbons. Und er nannte auch Zahlen: „Die monatliche Mindestgage beträgt 1850 Euro.“ Die Arbeitsplätze sind alles andere als sicher: „Bei einem Intendantenwechsel ist es üblich, dass der neue Intendant eigene Schauspieler mitbringt. In diesen Fällen gibt es ein Sonderkündigungsrecht.“

Michael Poertzgen gehört mittlerweile das Gebäude. Einen Teil hat er an das RLT verpachtet, den anderen nutzt er für sein Geschäft. „Für die Margarine-Union wurde es hier zu eng, sie ging nach Kleve“, erzählte er. Während der vom Theater genutzte Bereich kaum beschädigt war, seien die Räume der Weinhandlung durch Bomben im Zweiten Weltkrieg arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Poertzgen zeigte den begehbaren Tresor, in dem ein Tresor der Geldschrankwerke Peltz Neuß-Düsseldorf steht, ein „Deutsches Reichspatent“. Poertzgen präsentierte stolz antike Kostbarkeiten wie die 65 Jahre alte Stempeluhr aus massivem Holz und die Apparaturen, mit denen früher Weinbrände und Liköre hergestellt wurden. Das größte Exponat ist ein 1200 Liter Wein oder Destillat fassendes Holzfass. Das Unternehmen, 1910 von Michael Poertzgen gegründet, beschäftigte einst bis zu 60 Mitarbeiter. „Heute sind es noch zwölf“, erklärte der Urenkel des Firmengründers. Und er erklärte die Eierlikör-Produktion, wie sie vor rund 70 Jahren üblich gewesen ist. Außerdem gab es auch eine Weinprobe.

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