Musik in Neuss Neujahrskonzert wirbt für Ende des Krieges

Neuss · Die Deutsche Kammerakademie Neuss (DKN) spielte auch zwei ukrainische Komponisten. Welche Stücke außerdem noch im Repertoire waren.

Die Deutsche Kammerakademie Neuss spielte das Neujahrskonzert in der Stadthalle unter der Leitung von Christoph Koncz.

Foto: Andreas Woitschützke

King George II. von England wollte pompös seinen Sieg im österreichischen Erbfolgekrieg (1741 bis 1748) feiern. Also schrieb ihm sein Hofkapellmeister Georg Friedrich Händel 1749 die „Feuerwerksmusik“, deren Ouvertüre das Neujahrskonzert 2023 der Stadt Neuss in der Stadthalle eröffnete. Sie beginnt mächtig in traditioneller dreiteiliger Form (langsam – schnell – langsam), der Anfang mutet wie ein Choral an, der allerdings durch Pauken und Trompeten sehr festlich ist. Die Deutsche Kammerakademie Neuss (DKN) war zum großen Sinfonieorchester erweitert, das den schnellen Mittelteil als tanzbares Idyll zelebrierte.

Später erklangen aus der „Feuerwerksmusik“ noch ein empfindsames Siciliano mit dem Titel „La Paix“ (Der Friede), dem ein heiterer Suitensatz „La Réjouissance“ (Die Freude) folgte. Dazwischen gab es Musik von zwei ukrainischen Komponisten, die erst durch den Krieg in ihrer Heimat auch bei uns richtig bekannt geworden sind. Geradezu als spirituelle Hymne der Ukraine gilt heute die „Melodie in a-Moll“, die Myroslav Skoryk 1982 für einen Kriegsfilm komponierte. In gleichem Ambiente – spirituell und mit großer Melancholie – musizierte DKN-Konzertmeisterin Fenella Humphreys so großartig, dass Daniel Finkernagel ein Selfie mit der Violinistin für sich schoss. Der WDR-Moderator begleitet glücklicherweise die Konzerte der DKN seit langer Zeit und war auch am Sonntagvormittag der humorvolle und kompetente Impulsgeber.

Myroslav Skoryk ist 2020 in Kiew gestorben. Dort verstarb auch 1912 der ukrainische Komponist Mykola Lysenko. Seine Oper „Taras Bulba“ wollte Pjotr Iljitsch Tschaikowskij in Moskau uraufführen. Weil aber der Komponist darauf bestand, dass dies in ukrainischer Sprache geschieht, gab es die Uraufführung erst 1955 in Kiew. Die von der DKN als Perle ukrainischer Musik inszenierte Ouvertüre erklang vital in der Stadthalle. Da ein Neujahrskonzert ohne Walzer wie „Karneval ohne Kölsch oder Alt mundet“ (Daniel Finkernagel), gab es den „Friedenspalmen-Walzer“ und eine Schnellpolka von Josef Strauss. „Mehr Ausdruck der Empfindungen als Malerei“ hatte Ludwig van Beethoven in der Partitur seiner 1808 vollendeten sechsten Sinfonie vermerkt, die den schönen Beinamen „Pastorale“ trägt. Im vergangenen Oktober hatte Chefdirigent Christoph Koncz beim ersten Abokonzert der DKN Beethovens „Eroica“ (3. Sinfonie) zu einem Erlebnis gemacht; nun setzte er dem gewissermaßen noch eins drauf: Es war schon faszinierend, wie der große Klangkörper seinem präzisen Dirigat voller Innovationen folgte. Das gefiel dem Publikum in nahezu voll besetzter Stadthalle so gut, dass es nach den ersten Sätzen applaudierte.

Im Finale steigerte die Deutsche Kammerakademie Neuss das Hauptthema zu reiner Empathie, die sie still verklingen ließ. Das kam einer Aufforderung gleich: Es muss endlich Frieden werden.