Prozess um getöteten Elfjährigen aus Neuss Gutachter sieht keine Persönlichkeitsstörung bei Sven F.

Neuss · Im Prozess gegen den getöteten elfjährigen Jungen aus Neuss hat ein psychologischer Gutachter am Mittwoch seine Beobachtungen geschildert. Eine Persönlichkeitsstörung schließt er aus, allerdings sei Sven F. „narzisstisch und impulsiv“.

Neuss: Prozess um getöteten Jungen Jörg F. in Neuss startet
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Prozessauftakt um getöteten Jungen in Neuss

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Auch auf der Zielgeraden des Prozesses kann lediglich vermutet werden, welches Urteil am kommenden Dienstag, 11. September, gefällt werden wird. Noch immer scheinen die Türen zu allen drei Optionen - Mord, schwere Körperverletzung mit Todesfolge oder Freispruch - offen zu stehen. Am Donnerstag werden Staatsanwalt Martin Stücker und Pflichtverteidigerin Dagmar Loosen wohl ihre Plädoyers vor dem Landgericht Düsseldorf halten.

In diese wird wohl auch das Gutachten des forensischen Psychiaters zu Sven F. einfließen - jenem Angeklagten, dem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf vorwirft, seinen Neffen Jörg (11) misshandelt und getötet zu haben. Der Psychiater aus Düsseldorf kam nach seinen Beobachtungen während der Hauptverhandlung - er sprach nicht persönlich mit dem Angeklagten - zu dem Entschluss, dass bei Sven F. zwar keine Persönlichkeitsstörung sicher festzustellen sei, dafür aber eine sogenannte Persönlichkeitsakzentuierung. Der Gutachter charakterisiert den Neusser als „narzisstisch und impulsiv“, als einen Mann, der soziale Normen missachtet, sein markantes und lautstarkes Auftreten wohl aber auch dazu nutzt, „um eigene Unsicherheiten zu überspielen“. Darüber hinaus drifte seine Sprache, dies sei während der Verhandlung deutlich geworden, des Öfteren ins Vulgäre ab. „Seine Formulierungen sind nicht immer situationsadäquat“, so der Psychiater, der unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur von Sven F. aber nicht ausschließen kann, dass der Neusser die Schuld nur auf sich nimmt.

Auch die Schwester des Angeklagten, Nebenklägerin und Mutter des getöteten Jungen, wurde am Mittwoch erneut angehört. Dabei wurde deutlich: Ihre Meinung hat sich im Laufe des Prozesses geändert. Sie sei nicht mehr davon überzeugt, dass ihr Bruder ihren Sohn getötet hat: „Ich glaube, dass seine Frau es war.“ Zum Prozessauftakt hatte Sven F. noch gestanden, den Jungen geschlagen und anschließend mit heißem Wasser verbrüht zu haben. Er habe ihn jedoch nicht töten wollen. Sein Geständnis widerrief der Angeklagte später jedoch und beschuldigte seine Frau Sophie. Diese gab zwar zu, den Jungen geschlagen zu haben, woher die tödlichen Verletzungen kamen, wisse sie aber nicht.

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