Augustinus-Hospiz in Neuss Wenn ein Lama zu Besuch kommt

Neuss · Hunde in Schulen oder Seniorenheimen erfreuen sich bundesweit immer größerer Beliebtheit. Aber ein Lama in einem Hospiz? Das ist eine absolute Seltenheit! In Neuss ist das anders.

 Heike Brug hat insgesamt 21 Lamas in ihrem Begegnungszentrum in Dormagen.

Heike Brug hat insgesamt 21 Lamas in ihrem Begegnungszentrum in Dormagen.

Foto: Augustinus-Gruppe

Das empfindsame Tier soll den Gästen – so werden die Menschen genannt, die im Hospiz leben – helfen, loszulassen und zur Ruhe zu kommen. Auf eine Besonderheit ist Besitzerin Heike Brug besonders stolz: „Annabell spürt, wenn Menschen ihre Zuwendung benötigen und verweilt genau bei diesen Personen.“ Wenn das ungewöhnliche Duo das Hospiz betritt, kommt es oft schon im Empfangsbereich zu emotionalen Szenen. Besonders ins Gedächtnis eingebrannt hat sich bei Brug diese Situation: „Annabell und ich spazierten gerade in das Gebäude als wir einem Gast begegneten, der laut seinen Angehörigen normalerweise kein Interesse an Tieren zeigte. Doch als er das Lama sah, mobilisierte er seine letzten Kräfte, ging auf es zu und kuschelte es.“

Die 60-Jährige hat insgesamt 21 Lamas in ihrem Begegnungszentrum in Dormagen und blickt auf neun Jahre Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Tieren und Menschen zurück. In ihrem Zentrum sind auch Kaninchen, Schafe, Ziegen, Hunde und ein Kater zuhause. Die Vierbeiner unterstützen Menschen mit Demenz, mit Behinderung oder jene, die durch eine schwere Lebensphase gehen. Doch ganz speziell haben es Brug die Lamas angetan. „Ich habe mich mit dem Herzen berühren lassen“, sagt die Sterbebegleiterin. Die viereinhalbjährige Annabell sei dabei eine Besonderheit. Das sogenannte Huarizo, ein Mischling aus Lama und Alpaka, zog Brug sieben Monate lang mit der Flasche auf. „Dadurch haben wir eine ganz enge Bindung zueinander“, sagt die Dormagenerin. Und dieses Vertrauensverhältnis übertrage sich durchaus auch auf andere Menschen.

Oftmals blieben auch Angehörige der Gäste im Hospiz wie angewurzelt stehen, wenn sie das Tier mit den großen Augen sehen und lassen die Präsenz auf sich wirken. Das Team des Hospizes profitiert ebenfalls von den tierischen Besuchen. Es sei immer wieder eine Freude, das Lama begrüßen zu dürfen und mit Annabell von Zimmer zu Zimmer zu gehen: „Unsere Arbeit ist emotional sehr anspruchsvoll, da tut die Nähe zu Annabell gut, gibt einem Ruhe und Kraft. Warum das so ist, lässt sich kaum beschreiben. Es ist eine Gefühlssache“, erklärt Pia Roos, Pflegerin im Augustinus-Hospiz.

Heike Brug ist froh, dass sie ihre Arbeit nach den Beschränkungen durch Corona endlich fortsetzen kann. „Die Wochen im Lockdown waren nicht nur für uns, sondern auch für unsere Vierbeiner schwierig. Die ganze Herde lag lethargisch herum und langweilte sich. Die Lähmung in der Gesellschaft hat sich auf die hochsensiblen Tiere übertragen.“ Denn Brug ist sich sicher: „Der enge Kontakt tut nicht nur uns Menschen, sondern auch den Tieren gut.“

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