Gewässer in Neuss Kaum Hoffnung für den Stingesbach

Neuss-Nordstadt · Der Bach ohne Quelle führt zum ersten Mal seit Jahren wieder etwas Wasser. Doch die Erwartung, dass das von Dauer sein könnte, sollte sich niemand machen. Davor war auch im vergangenen Jahr die Grundwasserbildung zu gering.

 Andrea Blaum von der BUND Ortsgruppe Meerbusch  kann Spaziergängern keine Hoffnung machen. Das Wasser, das sie im Stingesbach sehen, steht nur – wie in einer Pfütze.  Archiv: A. Bretz

Andrea Blaum von der BUND Ortsgruppe Meerbusch  kann Spaziergängern keine Hoffnung machen. Das Wasser, das sie im Stingesbach sehen, steht nur – wie in einer Pfütze. Archiv: A. Bretz

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Nach mehreren Jahren, in denen der Verlauf des Stingesbach nicht mehr als ein Graben war, führt dieser jetzt wieder Wasser. Spaziergänger stellten das jetzt auch im Grüngürtel zwischen Büderich und der Mündung des Gewässers in den Rhein fest. Ein Hoffnungszeichen?

Andrea Blaum, Vorsitzende der BUND-Ortsgruppe Meerbusch, die mit ihrem Hund ebenfalls gerne diese Strecke nimmt, hat da so ihre Zweifel. „Das Wasser fließt nicht, sondern steht nur im Graben“, erklärt sie. Früher sei das Wasser auf diesem Weg wirklich zum Rhein geflossen. Doch heute bleibt es dort nur, wie auf manchen Feldern, so lange stehen, bis der Boden die Wassermenge aufnehmen kann. Und tatsächlich präsentiert sich der Graben an manchen Tagen weiterhin trocken.

 Die Stingesbachaue ist auch ein Landschaftsschutzgebiet.

Die Stingesbachaue ist auch ein Landschaftsschutzgebiet.

Foto: Christoph Kleinau

Der Stingesbach fließt als Bach ohne Quelle aus einem Landschaftsschutzgebiet im Neusser Norden durch Büderich und mündet schon nach 8,2 Kilometern in den Rhein. Das Gewässer wird urkundlich bereits im Jahr 1340 erwähnt, damals als „grave“ (Graben). Der verlief in einer späteiszeitlichen Hochwasserrinne, der heutigen Stingesbachaue, schreibt Rudolf Goebels in einem Beitrag zum Namen der Stingesbachstraße. Dieser Name Stingesbach nehme Bezug auf den seit Mitte des 19. Jahrhunderts für etwa 20 Jahre dort  intensiv betriebenen Abbau von Raseneisenerz. Weil der Bachlauf bei der Gewinnung und Reinigung dieses Rohstoffes durch zerkleinertes Material mit Erzsteinchen stark belastet wurde, ist er in amtlichen Karten jener Zeit auch als „Steinchensbach“ eingezeichnet. Stein gleich Sting – nur „op Platt“.

Dieser Bach ist streckenweise verrohrt und als solcher kaum noch zu erkennen. Er dient vor allem als Sammler von Oberflächenwasser – was zu schlimmeren Zeiten auch Abwasser war. Daher auch der Name Stinkesbach. Der soll – eigentlich – den Wassergraben des Dyckhofs in Büderich speisen. Und nördlich des Will-Hanebal-Platzes in Meerbusch, wo das Gewässer wieder ein natürliches Bachbett vorfindet, ist in den vergangenen Jahren überhaupt kein Wasser angekommen.

Weil der Bach keine Quelle hat, ist seine Wasserführung somit von den Grundwasserständen in seinem Einzugsgebiet und von Niederschlägen abhängig. Wegen der trockenen Sommer 2019 und 2020 ist der Grundwasserspiegel aber insgesamt stark gefallen, sodass kein Wasser geflossen sei. Der Kontakt zum Grundwasser ging verloren.

„Ich bin froh, dass es im Januar und Februar so viel geregnet hat. Das tut der Natur richtig gut“, sagt Andrea Blaum. Sie glaubt aber nicht, dass auf Dauer wieder Wasser im Stingesbach sein wird. Wenn jetzt, wie schon zu beobachten, das Wasser wieder versickert, komme nichts nach. Denn bei einer Niederschlagsmenge von rund 800 Millimeter im Jahr beträgt die Grundwasserneubildung nur etwa 200 Millimeter. Sie gibt zu bedenken: Bis das Reservoir aufgefüllt ist, dauere es mehrere Jahre – wenn es denn genug regnet.

Zwar sorge im Winter eine geringe Verdunstung und die Vegetationsruhe für eine hohe Grundwasserneubildung, doch im Sommer versickere durch die hohe Verdunstung und den enormen Wasserbedarf der Pflanzen und Äcker nur sehr wenig Wasser in den tieferen Untergrund. Schlechte Aussichten also.

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