Runder Geburtstag in Neuss Johanna macht die 100 voll

Neuss · Geboren wurde sie in Sachsen, seit den 70er-Jahren lebt sie in Nordrhein-Westfalen. Heute wird Johanna Tenz aus Neuss 100 Jahre alt.

 Das Alter sieht man ihr nicht an: Johanna Tenz, die im Neusser Elise-Averdieck-Haus lebt, wird am Freitag 100 Jahre alt.

Das Alter sieht man ihr nicht an: Johanna Tenz, die im Neusser Elise-Averdieck-Haus lebt, wird am Freitag 100 Jahre alt.

Foto: Andreas Woitschützke

Wenn Johanna Tenz sich ihren idealen Geburtstag vorstellt, dann läuft im Hintergrund eine Oper. Wagner wahrscheinlich, am besten der „Tannhäuser“, oder „Aida“ von Giuseppe Verdi. Das sind ihre Lieblingsopern. „Würden Sie mir eine Karte fürs Opernhaus geben, ich würde da sofort hin“, sagt Johanna Tenz, die am Freitag 100 Jahre alt wird.

Doch nicht nur Opern seien ihr im Bereich der Künste wichtig. „Ich habe immer gerne Gedichte gelesen“, sagt sie und rezitiert Goethes „Osterspaziergang“: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, / Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, / Im Tale grünet Hoffnungs-Glück.“ Das Gedicht habe sie in der Schule auswendig lernen müssen. „Das vergesse ich nie.“

Geboren wurde sie am 16. August 1919 als Johanna Naumann im sächsischen Waldheim. Ihr Vater war Werkmeister in Dresden, weshalb die Familie kurz nach Johannas Geburt dorthin zog. Sie hatte drei Geschwister: die Schwestern Gertrud und Marianne und den Bruder Walther. „Den haben wir immer Walther von der Vogelweide genannt“, erinnert sie sich. Ob ihre Eltern auch eine Vorliebe für Lyrik hatten? „Das weiß ich nicht“, sagt sie. „Aber das mit dem Namen war ja nur Spaß.“

In Dresden habe sie auch die Oper lieben gelernt. „Wir hatten das wunderschöne Stadttheater in Dresden, außerdem die Semperoper, da waren wir oft. Wenn die Vorstellung nicht völlig ausverkauft war, haben sie die letzten Karten verschenkt, also konnten wir oft umsonst hingehen.“ Sie schwärmt von Wagner, von dessen Vielseitigkeit. „Es ist dieses Wechselhafte bei Wagner. Wie es erst ganz wuchtig anfängt und dann leise und zärtlich wird.“ Besonders der Anfang des romantischen „Tannhäuser“ habe es ihr angetan.

Während der Kriegszeit war Johanna Tenz Rotkreuzschwester in einem Lazarett in Dresden, und auch nach 1945 war sie im Gesundheitswesen tätig, als Betriebsschwester und als Masseurin. Mit ihrem Mann Helmut bekam sie 1954 die Tochter Christine, in den 70er-Jahren floh die Familie nach Düsseldorf, wo Helmut Tenz Arbeit als Ingenieur fand. Fortan arbeitete Johanna Tenz ehrenamtlich als Kinderbetreuerin. „Damals gab es nicht genug Kindertagesstätten“, sagt sie. Auch Altenbesuche habe sie in den 70er- und 80er-Jahren gemacht. Sie ist ein positiver Mensch, voller Optimismus und Lebensfreude. Schlechte Tage setzten ihr nicht sehr zu, sagt sie. „Nur Tag und Nacht zusammen ergeben einen ganzen Tag.“ Was auffällt: Sie redet bildreich, mit vielen Metaphern und Vergleichen. Johanna Tenz lächelt. „Ich habe eine poetische Ader.“

Bis vor zwei Jahren lebte sie in Meerbusch, nach einem Sturz zog sie in die Altenwohngemeinschaft im Neusser Elise-Averdieck-Haus. „Ich bin sehr dankbar, das Haus mit Gottes Hilfe gefunden zu haben. Hier ist es so schön behütet. Alle hier sind meine Freunde.“

Für ihren Geburtstag ist ein gemeinsames Kaffeetrinken mit den Bewohnern des Elise-Averdieck-Hauses geplant. Ihre Tochter Christine kommt zu Besuch, außerdem ihr ehemaliger Gemeindepfarrer Falk Neefken, der Johanna Tenz auch betreut. Bürgermeister Reiner Breuer wird ihr Glückwünsche überbringen. Ob sie einen Geburtstagswunsch hat? Vielleicht Pflaumenkuchen mit Sahne: „Schließlich bin ich Kaffeesächsin, und da gehört Kuchen dazu.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort