Konzertreihe „Blue in Green“ Bergmanns Quintett als Ausnahme im Jazz

Neuss · Flügelhornist Matthias Bergmann und seine vier Musiker waren Gäste in der Reihe „Blue in Green“.

 Matthias Bergmann kam mit Quintett.

Matthias Bergmann kam mit Quintett.

Foto: Jazzklub

Die Besetzung aus Rhythmusgruppe mit Klavier, Bass, Schlagzeug und einer Bläserfrontline mit Saxofon (Alt oder Tenor) und Trompete ist im Jazz zum Standard geworden. Diese Quintettbesetzung nahm ihren Anfang während der sogenannten Bebop-Revolution im New York der 1940er-Jahre, Mitte der 1950er wurde sie im Jazz zur (auch historisch fixierten) Norm, als Hardbop und Soul-Jazz in Bands mit diesen fünf Instrumenten ihren Siegeszug antraten. In der heutigen Zeit des „Anything goes“ muss man diese Besetzung differenzierter betrachten. Anders als das Jazz-Piano-Trio ist die Quintettbesetzung keine jazzmusikalischen Gattung geworden – und die Qualitäten, die diesen Fünfer in seinen Anfangstagen noch auszeichneten, begreifen viele Jazzmusiker mittlerweile als Korsett, das den Fluss der improvisatorischen Ideen stört und der eigenen Kreativität Grenzen setzt.

Aber keine Regel ohne Ausnahme. Das Quintett um den Trompeter und Flügelhornisten Matthias Bergmann ist eine Ausnahme. Mit dem Tenorsaxofonisten Claudius Valk, dem Pianisten Hendrik Soll, dem Bassisten Cord Heineking und dem Schlagzeuger Jens Düppe hat er technisch versierte Instrumentalisten und profunde Kenner der Jazzmoderne wie -tradition zur Seite, die darüber hinaus einen eigenständigen Personalstil haben. Mit seinem Quintett ist Bergmann in der Konzertreihe „Blue in Green“ in der Alten Post aufgetreten.

Vor allem mit seinen Kompositionen gibt Bergmann sich und seinen Musikern einen Raum, in dem sie sich ungehindert austauschen können. Seine Harmonien zimmern wiederum einen spezifischen Rahmen, in dem Bergmann seinen Musikern die Wahl lässt, mit welchen der von ihm gefertigten Materialien sie in ihren Solochorussen experimentieren wollen. Es ist dieses Changieren zwischen bewusster Beschränkung und intuitiver Offenheit, das seinen Modern Jazz erst mit Leben füllt.

Im ersten Teil ist Bergmann fast ausschließlich auf dem Flügelhorn zu hören. Die dunkel getönte Klangfarbe dieses Blechblasinstrumentes reibt sich stets an Bergmanns Spielweise, der es eher mit einem scharf konturierten Trompetenansatz bläst, um seinem Instrument das Buttrige im Sound zu nehmen. Bergmanns Wunsch zum Kontrastieren setzt sich im Zusammenspiel mit den anderen Musikern fort. Wenn sich seine geschmeidig phrasierten Bögen auf dem Flügelhorn in die oszilierenden Girlanden von Valks Tenorsaxofon verschränken, wenn sich Düppes mal flirrende, mal einem melodischen Duktus folgende Rhythmen vom Schlagzeug eng um die tief im Boden verwurzelten Grooves von Heinekings Kontrabass legen – und all das zusammen durch Solls antizipierende Begleitung auf dem Flügel fundiert wird, dann wird das Korsett der klassischen Jazzbesetzung Quintett aufgebrochen und lässt den Modern Jazz ungehindert strömen.

(mala)
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