Aus Sicht von Jacques Tilly Neuss als buntes Wimmelbild

Neuss · Der Düsseldorfer Satiriker Jacques Tilly hat die Stadt Neuss mit ihren Sehenswürdigkeiten, Persönlichkeiten und ihrer Geschichte porträtiert.

 An jeder Ecke gibt es liebevolle Details zu entdecken: Jacques Tilly präsentiert auf 60 mal 90 Zentimetern seine Version der Quirinusstadt.

An jeder Ecke gibt es liebevolle Details zu entdecken: Jacques Tilly präsentiert auf 60 mal 90 Zentimetern seine Version der Quirinusstadt.

Foto: Melanie Zanin (MZ)

Das Quirinusmünster steht im Mittelpunkt, davor marschieren die Schützen – auch der Fackel- und Wackelzug dürfen natürlich nicht fehlen. Doch ist in dem Neusser Stadtbild von Jacques Tilly noch einiges mehr zu finden. Da wäre auch Karl der Kühne, der bewaffnet und brüllend vor dem Obertor steht, hinter dem Windmühlenturm sitzt Fußballtrainer Friedhelm Funke – und am Markt hat Bürgermeister Reiner Breuer seine Hand um die Rathausuhr gelegt.

Es ist kein gewöhnliches Wimmelbild, das der Düsseldorf Satiriker von Neuss angefertigt hat. Vielmehr ist es ein Porträt, das tief in die Seele der Stadt blicken lässt: Historische Persönlichkeiten treffen darin auf zeitgenössische Prominente, Sehenswürdigkeiten und Neusser Kulturorten sind dort ebenso vertreten wie verschiedene Veranstaltungen. Jacques Tilly ist zwar vor allem bekannt für seine bissigen und politisch-kritischen Karnevalswagen, die beim Düsseldorfer Rosenmontagszug gewohnheitsgemäß für viel Aufsehen sorgen, doch seit ein paar Jahren fertigt er auch Stadtmotive an. Angefangen habe alles mit einem Kalender, den er 2019 für die Staatskanzlei NRW entworfen hat, erzählt Tilly: Darin hat er die 13 größten Städte in NRW als Wimmelbild abgebildet. Seit einiger Zeit werden auch im Shop der Rheinischen Post die Stadtbilder von Düsseldorf, Mönchengladbach und Duisburg vertrieben. Das Neusser Stadtmotiv ist nun ganz neu dazugekommen.

Unter anderem zu sehen: Bürgermeister Reiner Breuer, der die Rathaus-Uhr fest im Griff hat.

Unter anderem zu sehen: Bürgermeister Reiner Breuer, der die Rathaus-Uhr fest im Griff hat.

Foto: Jacques Tilly

Auch das Neusser Motiv ist nicht nur eine grafische Darstellung von Gebäuden und Straßenzügen: „Mich interessiert an einer Stadt nicht nur die Architektur, sondern auch ihre Geschichte, die Kultur, das sportliche Geschehen und die Persönlichkeiten, die darin leben“, erklärt Tilly. Für seine Recherchen nimmt er sich dabei viel Zeit: Allein die Neusser Nachforschungen füllen einen dicken Ordner. „Zunächst habe ich mir je nach Themenbereich aufgeschrieben, was mir eingefallen ist“, erzählt Tilly, der in Düsseldorf Oberkassel wohnt und so auch eigene Erinnerungen und Verbindungen zu Neuss hat. Vor Ort habe er sich die Gegebenheiten dann noch einmal aus der Nähe angesehen. Zur Einordnung und Gewichtung stand er im Austausch mit dem Neusser Kabarettisten Martin Maier-Bode, der ihm noch den ein oder anderen Geheimtipp gab: „So sind auch einige Insider dabei“, sagt Tilly, „zum Beispiel ,Dat Pizzatürmchen‘“.

Aus all den Informationen musste dann eine Auswahl getroffen werden. „Natürlich kann man nicht das komplette Stadtbild abbilden, letztendlich ist es meine subjektive Sicht“, sagt Tilly. Dass es sich bei dem Neusser Wimmelbild um keine Eins-zu-eins-Nachbildung handelt, wird schnell klar: So sind etwa das „Alte Kaffeehaus“ und „Em Schwatte Päd“ neben das Rathaus gerückt.

Entstanden ist dafür ein kompakter Eindruck von den Dingen, die das Neusser Stadtleben ausmachen und die gut gemeinsam entdeckt werden können. Einiges davon war Tilly zuvor selbst nicht bekannt: „Vielleicht gibt es auch noch einige Details, die selbst die Neusser nicht kennen“, sagt er. Auch habe er festgestellt, dass Neuss mit dem Hansefest, der Tour de Neuss und dem Sommernachtslauf viele Veranstaltungen jenseits des Schützenfests hat: „Die Neusser sind richtige Rheinländer.“

Immer mehr liebevolle Details offenbaren sich, die durch einen Schriftzug erklärt werden. Neben einer Frau, die ihre Hände verzweifelt vor das Gesicht geschlagen hat, wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei um Hester Jonas handelt, „die Hexe von Neuss 1653 enthauptet“ ist da zu lesen, beim „Fetzer“ wird auf seine spektakuläre Flucht aus sieben Meter Höhe verwiesen. Und an den Neusser Stadtgrenzen ist längst nicht Schluss: Auch die umliegenden Städte des Rhein-Kreises werden mit ihren Sehenswürdigkeiten und Persönlichkeiten angedeutet.

Bei seiner Arbeit wurde Jacques Tilly von David Salomo und Lisa Dünnwald bei der Reinzeichnung unterstützt.

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