Initiative Schmetterling Helfer für belastete Familien

Neuss · Anne Hillebrecht ist für die Familie Vogt aus Wegberg ein Segen. Denn wenn sich die Helferin der Initiative Schmetterling um den kranken Jonathan kümmert, hat Mutter Sandra Zeit für andere Dinge– und manchmal für sich.

 Anne Hillebrecht (r.) hilft der Familie Vogt seit zwei Jahren im Alltag. Kümmert sie sich um den kranken Jonatahan, ist das für Mutter Sandra eine kleine Auszeit.

Anne Hillebrecht (r.) hilft der Familie Vogt seit zwei Jahren im Alltag. Kümmert sie sich um den kranken Jonatahan, ist das für Mutter Sandra eine kleine Auszeit.

Foto: Andreas Woitschützke

Diese drei Stunden pro Woche sind eine kostbare Zeit für Sandra Vogt: Während sich Anne Hillebrecht, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Neusser Initiative Schmetterling, um ihren erkrankten Sohn Jonathan (5) kümmert, kann sie sich ihrer jüngeren Tochter Annika widmen oder einfach mal selbst eine kurze Auszeit nehmen Denn seit Februar 2016 ist die kleine Welt der Familie aus Wegberg eine andere.

Innerhalb von nur einer Woche verlor der damals erst zweijährige Jonathan seine motorischen Fähigkeiten. „Wie aus dem Nichts konnte er binnen weniger Tage nicht mehr sprechen, gehen, stehen“, erinnert sich Sandra Vogt. Zahlreiche Arztbesuche, Krankenhaus- und Rehaklinik-Aufenthalte folgten – doch erst sechs Monate nach Auftreten der ersten Symptome diagnostizierte ein Göttinger Spezialist, dass Jonathan an einer autoimmunen Kleinhirnentzündung erkrankt war.

Die Folgen waren fatal: Der kleine Junge, der sich bis dahin motorisch vollkommen unauffällig entwickelt hatte, lief gegen Türrahmen und Tische, verlor ständig das Gleichgewicht, konnte nichts mehr greifen und halten. „Zudem war er extrem verhaltensauffällig, konnte keinerlei Gefahren einschätzen, war unruhig, schlief wenig“, sagt Sandra Vogt. „Vorher hatten wir ein gesundes Kind,und plötzlich war eine 24-Stunden-Betreuung notwendig.“

Während Mutter und Sohn fünf Monate lang in der Rehaklinik in Meerbusch waren, ihr Mann arbeiten musste, kümmerten sich die Großeltern um die neun Monate alte Tochter Annika. Von der immensen Belastung der Familie erfuhr die Initiative Schmetterling. „Wir arbeiten eng mit der Rehaklinik zusammen“, erklärt Sozialpädagogin Cordula Baumann. Als hauptamtliche Koordinatorin der Initiative Schmetterling ist sie stets auf der Suche nach neuen Ehrenamtlern, die von dem Verein für ihre Aufgabe geschult werden. Sie sorgte auch für das erste Kennenlernen zwischen Anne Hillebrecht und Familie Vogt.

„Wir trafen uns am Sandkasten“, erinnert sich Hillebrecht, die seit fünf Jahren ehrenamtlich betroffene Familien unterstützt. „Ich war erschrocken über den Zustand von Jonathan. Er trug einen Kopfschutzhelm beim Spielen, denn er fiel ständig über Schaufeln oder Eimer.“ Sie sei sich bewusst, dass die Betreuung des Jungen eine Herausforderung ist. „Aber es macht auch Spaß“, sagt sie.

Jonathans Zustand hat sich in der Zwischenzeit deutlich verbessert. Denn seit die Diagnose steht, erhält er alle sechs Monate eine vierwöchige Behandlung mit Immunsuppressiva. Zwar ist seine Koordinationsfähigkeit eingeschränkt, aber er kann wieder laufen und sprechen. Das verlangt ihm jedoch viel Konzentration ab. „Jonathan ist ein schlaues Kerlchen. Aber er hat körperlich viel mit sich selbst zu tun“, sagt seine Mutter. Und Hillebrecht weiß: „Man muss ihn ständig im Auge behalten. Denn er wird auch schnell wütend, wenn ihm bestimmte Dinge nicht gelingen.“

Einmal pro Woche holt sie ihn vom Kindergarten ab und „dann sind wir draußen“, so die Finanzbuchhalterin im Ruhestand. Ein Waldstück mit Wiese und Kleintiergehege ist regelmäßig Ausflugsziel der beiden. „Jonathan kann alles anfassen und wenn er hinfällt, fällt er weich“, erzählt sie.

Trotz der hohen Verantwortung genießt Anne Hillebrecht, die selbst einen erwachsenen Sohn mit Beeinträchtigung hat, die Zeit mit Jonathan: „Nach den drei Stunden sind wir beide müde, aber sehr zufrieden.“ Glücklich ist auch Sandra Vogt: „Es ist eine große Entlastung für uns. Jonathan geht es gut, und wir haben eine kurze Auszeit.“

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