Haus Vogelsang in der Neusser Nordstadt Erinnerung an das alte Rittergut

Nordstadt · Auf dem Areal des ehemaligen Rittergutes Haus Vogelsang hat die Deutsche Reihenhaus AG den Wohnpark „Stingesbachaue“ gebaut. An den Vorgängerbau erinnert jetzt eine Tafel der Reihe „Neuss historisch“.

 Bereits um 1900 hatte Heinrich Sand an der Gladbacher Straße eine Sauerkrautfabrik zur Verarbeitung des selbst angebauten und von anderen Bauern angelieferten Weißkohls errichtet.

Bereits um 1900 hatte Heinrich Sand an der Gladbacher Straße eine Sauerkrautfabrik zur Verarbeitung des selbst angebauten und von anderen Bauern angelieferten Weißkohls errichtet.

Foto: Stadtarchiv/Stadtarchiv Neuss

Ob Steinhausstraße, Am Jröne Meerke, Wingender Straße – die Nordstadt verändert ihr Gesicht. So auch „An der Stingesbachaue“: Auf 8500 Quadratmetern ist durch die Deutsche Reihenhaus AG (DRH) ein Wohnpark mit 28 Einfamilien- und einem Mehrfamilienhaus mit 14 Wohneinheiten entstanden; gebaut auf dem Areal des ehemaligen Rittergutes Haus Vogelsang, das dem heutigen Stadtteil seinen Namen gegeben hat.

 Diese Infotafel erinnert an den historischen Vorgängerbau.

Diese Infotafel erinnert an den historischen Vorgängerbau.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Daran erinnert nun am Eingang unter dem Titel Haus Vogelsang eine Informationstafel, die im Rahmen des Projekts „Neuss historisch“ auf die bedeutsame Vergangenheit des Geländes aufmerksam macht. Die jüngere Geschichte kann Gottfried Scheulen, Vorsitzender des Arbeitskreises Geschichte im Initiativkreis Nordstadt, noch teilweise selbst nachvollziehen: „Wir wohnten damals an der Gladbacher Straße; haben auf dem Gelände der Sauerkrautfabrik und um den Bauernhof herum gespielt. Später dann auch für kleines Geld geholfen.

Die vor dem neuen Wohnpark im Auftrag der Stadt aufgestellte Tafel zeigt, dass die Geschichte des Ritterguts Haus Vogelsang bis ins frühe Mittelalter zurückgeht. Sie beginnt an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert: 1298 übertrug der Neusser Bürger Hermann von Kothusen dem Klarissenkloster 16 Morgen Ackerland nahe der alten römischen Hochstraße in Richtung Krefeld. Hier entstand in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein Hof, der in der Folge als kurkölnisches Lehensgut in den Quellen auftaucht. Als Lehensnehmer sind zahlreiche Neusser und Kölner Patrizierfamilien überliefert.

1834 erwarb Arnold Simons das Anwesen, das zu diesem Zeitpunkt noch auf Kaarster Gebiet lag. Auf seinen Antrag hin erhielt Haus Vogelsang 1846 den Titel „Rittergut“. 1883 verpachteten die Erben Simons den Hof an den aus dem Sauerland stammenden Landwirt Heinrich Sand (1856–1918). 1905 erwarb Sand den Hof und nahm einige Veränderungen vor: So richtete er neben dem Wohnhaus eine Molkerei ein, wo er als erster Neusser Landwirt Milch in Flaschen abfüllte. Das ursprüngliche Wohngebäude ließ er 1906 durch eine Jugendstilvilla ersetzen. Bereits um 1900 hatte er an der Gladbacher Straße eine Sauerkrautfabrik errichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verkauften die Nachkommen Heinrich Sands die Ackerflächen um Haus Vogelsang an die Stadt, die das Gelände für die notwendige Stadterweiterung vorgesehen hatte. Die Hofgebäude selbst erwarb 1956 das Ehepaar Tillmann, das in Scheune und Stallungen einen Reitstall einrichtete. Die Jugendstil-Villa wurde durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt. Geblieben ist ein Apfelbaum. Der Reiterhof Tillmann bestand bis zum Jahr 2016, danach wurden die Gebäude zugunsten der jetzigen Wohnbebauung aufgegeben.

Als einer der Autoren des gerade veröffentlichten Buches „Die Straßen von Neuss“ ist Rudolf Goebels genannt. Ihm sind auch die Geschichten rund um das Rittergut Haus Vogelsang zu verdanken. Der im Ruhestand lebende Urologe wohnt mit seiner Frau Margret, eine geborene Sand; der Tochter des früheren Besitzers Peter Sand, in der Nähe des früheren Familiengrundes. Da drehen sich die Gespräche der „Vogelsänger“ noch gern um Pappelwäldchen und den Stingesbach, auf dem die Kinder früher sogar Schiffchen fahren lassen  konnten. Der 8,2 Kilometer lange Bach hat seine Quelle an der Gladbacher Straße. Von dort fließt er zunächst in nördlicher Richtung und mündet nördlich von Büderich in den Rhein.

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