Theater am Schlachthof in Neuss Harry Heib spielt und singt Harald Juhnke
Neuss · Autor und Regisseur Martin Baier-Bode hat sein Stück über Harald Juhnke dem Schauspieler und Sänger Harry Heib gewissermaßen auf den Leib geschrieben.
Gleich dreimal war am Wochenende das Open-Air-Musiktheater auf der Wiese hinter dem Theater am Schlachthof (TaS) ausverkauft. „Keine Termine und leicht einen sitzen“ nennt der Autor Martin Maier-Bode (auch Regie) seine Begegnung mit Harald Juhnke. Kaum einer wurde so geliebt wie der 2005 gestorbene Schauspieler, Entertainer und Sänger, aber an kaum einen hat sich die Nation auch so abgearbeitet. Der Grandseigneur des Boulevards war nämlich auch der beliebteste von Deutschlands abhängigen Trinkern.
Martin Maier-Bode skizziert nahezu chronologisch ein Leben mit Höhen und Tiefen und vermittelt dem Zuschauer auch weniger Bekanntes. Etwa wenn Juhnkes Freund Motze schildert, wie er mit Harry Heinz Herbert – so Juhnkes bürgerlicher Name – im Berlin der Nachkriegszeit als kleiner Alkohol- und Zigarettenschieber unterwegs war.
Oder: Ende der 40er-Jahre traf Harald Juhnke auf Klaus Kinski („Du dumme Sau!“) bei Proben zu Shakespeares „Romeo und Julia“. Tatsächlich spielten beide Männer 1952 zusammen im Hebbel-Theater in Berlin. Natürlich schildert er auch eine Szene, als 1981 die beliebte Fernsehunterhaltung „Musik ist Trumpf“ nach nur zwei Jahren Harald Juhnke als Nachfolger von Peter Frankenfeld wegen der Alkoholprobleme Juhnkes endgültig eingestellt wurde.
Alle Szenen gipfeln in einem Song, denn der glänzende Entertainer war neben unzähligen Theater- und Filmrollen auch als Sänger besonders erfolgreich. Davon zeugen zehn Studio- und zwei Live-Alben, darunter „My Way“ (1995). Frank Sinatra hatte die englischsprachige Version eines französischen Chansons 1968 bekannt gemacht. Der amerikanische Sänger und Filmschauspieler (1915 geboren, 1998 gestorben) war Juhnkes großes Vorbild.
Martin Maier-Bode hat die intelligente Begegnung quasi Harry Heib auf den Leib geschrieben. Denn das TaS-Ensemblemitglied ist nicht nur als Schauspieler genial, sondern vor allem als Sänger. Bei Martin Maier-Bode hat er 1992 Unterricht genommen, zehn Jahre Gesangsausbildung bei der nicht nur in Neuss bekannten Altistin Ulrike Kamps-Paulsen haben einen Bariton geformt, der die 15 Titel mühelos durchstand. Neben eigenen Juhnke-Songs wie „Ein Mann für alle Fälle“ oder „Barfuß oder Lackschuh“ wurden die Titel des Vorbildes wie „The Lady is a Tramp“ oder „That‘s Life“ vom Publikum besonders gefeiert.
Gelegentlich steppte Harry Heib auch auf der kleinen funktionalen Bühne, die den 1,85 m -Schauspieler überlebensgroß erscheinen ließ. Die geschickte Zusammenstellung der Songs, die auch Juhnke-Jugendsünden wie „Die Dame mit dem giftgrünen Schleier“ enthielt, war Eddy Schulz zu danken. „New York, New York, Tokio“ wurde zu „Berlin, Berlin“ und in der Zugabe verabschiedete sich Harry Heib von seinem Publikum wie so oft Harald Juhnke: „Ich wünsch euch eine gute Nacht“.