Vor dem Rathaus in Neuss Gedenken an die Opfer von Halle

Neuss · Vor dem Rathaus gab es am Freitag mahnende Worte und eine Schweigeminute. Der Schock sitzt noch immer tief ob des tödlichen Attentats mit offenbar rechtsextremistischem Hintergrund, das sich am vergangenen Mittwoch in Halle ereignete.

 Neben Bürgermeister Reiner Breuer sprachen auch Bert Römgens und Hamdi Berdid (v.r.) vor dem Rathaus.

Neben Bürgermeister Reiner Breuer sprachen auch Bert Römgens und Hamdi Berdid (v.r.) vor dem Rathaus.

Foto: Andreas Woitschützke

(jasi) Rund fünfeinhalb Autostunden liegt die Großstadt in Sachsen-Anhalt entfernt – und trotz der Entfernung ist die Betroffenheit auch in Neuss ganz nah. Darum lud der „Raum der Kulturen“ um den Vorsitzenden Hamdi Berdid am Freitagmittag zu einer Solidaritätsveranstaltung vor dem Neusser Rathaus. Neben zahlreichen Vertretern aus Politik und Verwaltung hielten auch Passanten einen Moment inne.

„Es ist für mich unvorstellbar, dass wir im Jahr 2019 eine solche Nachricht entgegennehmen müssen. Deswegen sollten wir umso klarer unsere Solidarität gegenüber Mitmenschen jüdischen Glaubens ausdrücken und deutlich machen, dass wir es nicht hinnehmen, dass sie angegriffen werden“, sagte Bürgermeister Reiner Breuer. Zwei Zukunftsprojekte haben für den Verwaltungschef eine Art Symbolcharakter, um die angesprochene Solidarität auszudrücken: Die Umwandlung des Gemeindezentrums auf der Furth zur Synagoge und die laufende Suche nach einer israelischen Partnerstadt.

Hamdi Berdid bekräftigte: „Für jeden einzelnen sollte es selbstverständlich sein, dass es in Neuss jüdisches Leben gibt.“ Seine Botschaft: „Wir weichen keinen Millimeter von unserer Überzeugung zurück!“

Bert Römgens, Koordinator der Jüdischen Gemeinde in Neuss, sprach von einem „schwarzen Tag“. Nicht nur für die Jüdische Gemeinde, sondern auch für ein demokratisches und vielfältiges Miteinander in Deutschland. Seine Beobachtung: ethische und emotionale Grenzen weichen immer weiter auf. Sein Appell: „Wir dürfen nicht zulassen, dass rechte Ideologien in die Mitte der Gesellschaft rücken!“ Um das zu erreichen, brauche es eine stabile und respektvolle Gesellschaft und keine „geistigen Brandstifter“.

Zum Hintergrund: Der 27 Jahre alte Stephan B. war am Mittwoch festgenommen worden. Ihm wird vorgeworfen, vor der Synagoge eine 40-Jährige aus Halle und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Mann aus Merseburg erschossen zu haben. Zuvor hatte der mutmaßliche Täter vergeblich versucht, die Synagoge in Halle mit Waffengewalt zu stürmen. 51 Menschen hielten sich zu dem Zeitpunkt in dem Gotteshaus auf und feierten das wichtigste jüdische Fest, Jom Kippur.

(jasi)
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