Beratung in Neuss Ansturm erst nach der Corona-Krise

Neuss · Die Frauenberatungsstelle ist besetzt, doch Hilferufe gibt es aktuell nur wenige. Erwartet werden die nach der Krise.

 Wenn das Zuhause kein sicherer Ort mehr ist, kann die Frauenberatungsstelle helfen (Themen-Bild).

Wenn das Zuhause kein sicherer Ort mehr ist, kann die Frauenberatungsstelle helfen (Themen-Bild).

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Das Telefon bimmelt zurzeit selten, auch Termine für Beratungsgespräche sind momentan rar. Doch möglich sind sie auch jetzt, die Räume der Frauenberatungsstelle am Markt sind groß genug, um bei einem persönlichen Gespräch den notwendigen Abstand zu halten. „Die Frauen sollen wissen, dass wir auch jetzt für sie da sind“, sagt Mitarbeiterin Janne Gronen.

Überrascht aber, dass aktuell  – in Zeiten von Kontaktsperre, keine Schule, keine Freizeitmöglichkeiten, das Familienleben spielt sich fast ausschließlich in der Wohnung ab – nicht mehr Hilferufe kommen, ist sie nicht. „Frauen in gewaltbelasteten Familien sind jetzt in der Corona-Krise mehrfach belastet, nicht nur wegen der Situation an sich schon, sondern auch wegen neuer Sorgen, wie zum Beispiel die um den Arbeitsplatz oder drohende Kurzarbeit.“

Das „Gesamtpaket“ mache die ganze Situation so über-traumatisch, dass sich laut Gronen eine Art Schockstarre entwickeln könnte. Und die wiederum führe zu einer gewissen Handlungsunfähigkeit. „Man spürt gar nichts mehr, hält nur irgendwie durch. Erst wenn sich das Ganze wieder löst, ist damit zu rechnen, dass die gewaltbetroffenen Frauen sich um Hilfe kümmern können“, ist sich Gronen sicher. Sie geht auch davon aus, dass die Zahl der Depressionen und Essstörungen zunehmen werde. „Es werden viele versuchen, mit Essen das zu bewältigen, wo eigentlich gehandelt werden müsste.“

Ein Tipp der Fachfrau, wenn schon der Anruf oder der Gang zur Frauenberatungsstelle im Moment schwer fällt, die angespannte Situation zu verlassen, heißt rausgehen. Manchmal allerdings reicht das nicht. Das weiß Janne Gronen nur zu gut. „Wenn die Situation eskaliert, dann sollte auf alle Fälle die Polizei angerufen werden“, rät sie. Die habe auch die Möglichkeit, den- oder diejenige, der/die gewalttätig ist, für zehn Tage der Wohnung zu verweisen. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit, während dieser zehn Tage beim Amtsgericht eine Verfügung zu erhalten, eine sogenannte Wegweisung, die für ein halbes Jahr gelte. „Während eines halben Jahres kann man sich in Ruhe überlegen, wie es weiter gehen soll“, sagt Gronen.

Unterkommen können die der Wohnung Verwiesenen auch in Corona-Zeiten in Hotels, wenn sie nicht zu Freunden oder Verwandten ziehen können. Das zumindest, meint Thorsten Hellwig, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes NRW, denn das von der NRW-Regierung ausgesprochene Übernachtungsverbot in Hotels sei nur aus touristischen Zwecken untersagt. Stadtsprecher Peter Fischer verweist für Männer auf die Hin- und Herberge am Derendorfer Weg, die wegen der Corona-Krise zurzeit rund um die Uhr geöffnet habe.

Auch im Neusser Frauenhaus, Träger ist der Sozialdienst katholischer Frauen, sei die Situation nicht anders als vor Corona, wie dessen Leiterin Elke Kroner mitteilt. Von den acht Appartements, die den Frauen und ihren Kindern dort zur Verfügung stehen, ist eines frei. „Wir sind auf alle Fälle da“, sagt Kroner.

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