Freiwilliger Test Fahrprüfung mit 80 Jahren bestanden

Neuss · Zu seinem 80. Geburtstag hat Hubert Claßen freiwillig seine Fahrtauglichkeit erneut testen lassen und prompt bestanden. Fahrlehrer Peter Bolz war von der Leistung seines Schülers angetan. Wir waren bei der Testfahrt dabei.

Seine Führerscheinprüfung hat Hubert Claßen längst bestanden. Vor 58 Jahren hat er sogar den LKW-Führerschein gemacht. Trotzdem unterzieht sich der gerade 80-jährige ehemalige Personalbetriebswirt heute einem erneuten Fahrtest bei der Neusser Fahrschule Heruth und Bolz. „Manchmal fühle ich mich am Steuer schon etwas unsicher – bei Regen oder Dunkelheit etwa“, gesteht der Reuschenberger. Damit ist er nicht alleine. Durch den demografischen Wandel wird die Zahl der Senioren am Steuer immer größer. Vielerorts wird über eine verpflichtende Fahrtauglichkeitsprüfung im Alter diskutiert

„Die nachlassende Rektionsfähigkeit ist eine der Hauptursachen, warum ältere Menschen Unfälle verursachen“, sagt der 72-jährige Fahrlehrer Peter Bolz. „Allerdings kommen die meisten nicht wie Herr Claßen freiwillig zum Fahrtest, sondern erst dann, wenn etwas passiert ist.“ Claßens vier Kinder haben ihn trotz fast 5000 Kilometern, die er im vergangenen Jahr gefahren ist, gefragt, wie lange er noch hinter dem Steuer sitzen wolle. Da er sein Auto, einen weinroten Chevrolet Kalos, fast täglich und gerne fährt, ist er die Flucht nach vorne angetreten. „Augentest, Reaktionstest am Computer – und nun die Fahrstunde. Das kostet mich rund 200 Euro.“ Das sei ihm die Sache aber wert gewesen.

Also nimmt er heute, fast 60 Jahre nach seiner Prüffahrt, wieder in einem Fahrschulauto Platz. An den nachtblauen Golf 6 gewöhnt er sich schnell. „Schon am Schütteln der Hand kann ich vieles ablesen“, verrät Peter Bolz. „Bei seinem festen Händedruck bin ich optimistisch.“ Spiegel checken, Schulterblick, und los geht es Richtung Innenstadt. „Ich bin ein Spiegelfahrer“, gibt Claßen zu. Der Schulterblick sei aber aufgrund des toten Winkels beim Anfahren, Abbiegen und Überholen unerlässlich, mahnt sein Beifahrer. Nach ein paar Minuten entspannt sich Bolz, denn sein Schüler hat  nicht viel verlernt: Anhalten vor dem Stoppschild, links abbiegen, warten hinter dem blinkenden Bus, Abstand halten, Autobahnfahren Richtung Köln und Einparken klappen wie am Schnürchen. „Verkehrsbeobachtung ist das A und O – das machen Sie sehr gut“, lobt Bolz immer wieder. Nur als die Ampel an der Michaelstraße, Ecke Zollstraße, auf Gelb springt und Claßen „noch schnell drüber“ fahren will, tritt er auf die Bremse. „Gelb signalisiert stehen bleiben, wenn möglich.“

Verkehrsprotokolle habe er sehr selten bekommen, bemerkt Claßen stolz. Nervös sei er vor der ersten Fahrstunde nach vielen Jahrzehnten schon gewesen. „Jetzt fühle ich mich aber wohl“, bemerkt er am Ende der einstündigen Testfahrt. „Ich bin angenehm überrascht, wie Sie das Auto beherrschen“, sagt sein Fahrlehrer, und bescheinigt dem Senior die Fahrtüchtigkeit gerne schwarz auf weiß. „In zwei Jahren komme ich wieder“, verspricht Claßen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort