Friedrich-Naumann-Stiftung lud nach Neuss ein Experten sprechen über Chinas Aufstieg

Neuss · Auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung diskutierten Michael Terwiesche, Spitzenkandidat der FDP Niederrhein für die Europawahl, und der Unternehmer Stephen Töpfer über Chancen und Herausforderungen im Umgang mit China.

 Bei der Gesprächsrunde der Friedrich-Naumann-Stiftung im Holiday Inn (v.l.): Stephen Töpfer, Constantin Borges und Michael Terwiesche.

Bei der Gesprächsrunde der Friedrich-Naumann-Stiftung im Holiday Inn (v.l.): Stephen Töpfer, Constantin Borges und Michael Terwiesche.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Chinas schneller Aufstieg zur Weltmacht hat für die Politik wie für die Weltwirtschaft spürbare Folgen: Er führt seit Jahren zu strukturellen Machtverschiebungen, die auch Europa betreffen und die EU vor neue internationale Herausforderungen stellen. Grund genug für die Friedrich-Naumann-Stiftung, zu einem Diskussionsabend mit dem Thema „China und die EU: Gefahr, Herausforderung, Chance?“ ins Holiday Inn Düsseldorf-Neuss einzuladen. Die Resonanz war groß, schnell mussten neue Stuhlreihen aufgestellt werden, um allen Interessierten einen Platz zu bieten.

Das Interesse lag auch an den beiden Referenten. Michael Terwiesche machte die Zuhörer als Fachanwalt für Verwaltungsrecht mit Dependancen seiner Kanzlei in Rumänien und England zunächst mit den Fakten vertraut. Denn er hatte sich während seines Auslandsstudiums an der London School of Economics intensiv mit der Menschenrechtslage in China beschäftigt. Beruflich befasst er sich mit der Vergabe öffentlicher Aufträge, auch durch Staatenunternehmen außerhalb der EU wie etwa China. „China war lange ein Sehnsuchtsort – zumindest aus ökonomischer Sicht“, sagt er. „Mit 1,39 Milliarden Konsumenten ist das Land ein Wachstumsmarkt, wird nun jedoch zunehmend als Bedrohung betrachtet.“ Das habe unter anderem mit der „Low-cost-Strategie“ zu tun, mit der China Märkte erreiche, die sonst nicht erreichbar seien. „Die Chinesen kaufen Schlüsselbereiche, etwa in der Robotik oder Biomedizin.“

Terwiesche bemängelt, dass der Koalitionsvertrag eine China-Strategie vermissen lässt. Seit den 1990er Jahren werde der einstige Sehnsuchtsort mit zunehmender Ernüchterung betrachtet. „Wir hatten gehofft, dass die westliche freiheitliche Demokratie zu einer gewissen Offenheit in China führt, das hat sich leider nicht bewahrheitet.“ Täglich finde zwischen China und der EU ein Warenaustausch statt, der auf 1,5 Milliarden Euro beziffert wird. „Wir können China nur im europäischen Einklang begegnen, denn nur die EU ist in der Lage, auf Augenhöhe zu verhandeln. Das kann kein einzelner Staat.“ Er betont: „Die EU ist eine Wertegemeinschaft, keine reine Wirtschaftsgemeinschaft. Diese Werte müssen wir hoch halten.“

Stephen Töpfer, der zweite Referent des Abends, ist Diplom-Ökonom, übernahm 1994 die Leitung eines Büromöbel-Markenproduzenten am Standort Shanghai und baute diesen zu einem chinaweiten Distributionsnetz aus. 2000 gründete er mit einem chinesischen Partner das Joint Venture Unternehmen „ORGAtec“ mit 120 Mitarbeitern. Er hat zahlreiche deutsche Unternehmen während ihres Eintritts in China begleitet. Neben Gefahren, die von China ausgehen – Produktpiraterie, Wissensvorsprung durch Firmensubventionen anstatt durch Forschung und Entwicklung, Industriespionage – sieht er aber auch eine Chance, und zwar in den Vorteilen, die die EU China bietet. „Wir dürfen aber nicht Kerntechnologien wie Robotik und Künstliche Intelligenz China allein überlassen. Das sollte im globalen Miteinander im normalen Wettbewerb wachsen“, erklärt er.

Seiner Meinung nach täte die EU gut daran, sich mit den Erfindungen und Symptomen der angewandten Digitalisierung vertraut zu machen und in China zu beobachten, wie sich eine Gesellschaft komplett wandelt.

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