Eleonore Hillebrand aus Neuss Autorin schreibt Tagebuch zur Pandemie-Lage

Neuss · Seit Beginn der Pandemie dokumentiert die 85-jährige Eleonore Hillebrand die aktuelle Nachrichtenlage – mit literarischem und persönlichem Touch.

 Eleonore Hillebrand vor ihrem Computer, auf dem sie ihr Corona-Tagebuch schreibt.

Eleonore Hillebrand vor ihrem Computer, auf dem sie ihr Corona-Tagebuch schreibt.

Foto: Andreas Woitschützke

Gerade schreibt sie über die ungeheuer schnelle Zunahme der Fallzahlen – „das finde ich beängstigend“, sagt Eleonore Hillebrand an diesem Morgen. Seit mehr als sieben Monaten lebt die 85-Jährige, genau wie die gesamte Welt um sie herum, mit dem Coronavirus. Wie sich die Pandemie ausgebreitet hat und welche Konsequenzen das für die Menschen und für sie ganz persönlich hat, hält die Seniorin seitdem in einer Datei auf ihrem heimischen Computer detailliert fest.

Ihre Notizen, mittlerweile 16 Seiten, die sie dem Neusser Stadtarchiv als ein Stück Zeitgeschichte zur Verfügung stellen wird, sind auf den ersten Blick rein nachrichtlich; auf den zweiten Blick wird Eleonore Hillebrands Haltung zu vielen von ihr dokumentierten Fakten deutlich. Ihre Empfindungen hält die Lyrikerin, die viele ihrer Gedichte veröffentlicht hat, häufig in Versform fest. „In der ersten Welle habe ich mich versorgen lassen, bin kaum aus dem Haus gegangen“, berichtet die in Rees am Niederrhein geborene und in Neuss lebende Autorin und Journalistin, die lange Zeit auch politisch engagiert war. „Jetzt nehme ich die Situation wesentlich gelassener.“

Ob sie angesichts der angespannten Lage wieder „hamstern“ solle, fragte sie sich in einem Tagebuch-Eintrag der vergangenen Tage. „Ich schreibe lieber ein Gedicht“, lautete die schnelle Antwort. Die folgenden Verse handeln von für sie unverständlichen Maßnahmen, zerrissenen Träumen und von viel zu viel Zeit in viel zu engen Behausungen. „Alte Menschen abzuschotten, halte ich für problematisch“, sagt Eleonore Hillebrand. „Ich gehe längst wieder einkaufen, wenn auch nur einmal in der Woche. Ein mulmiges Gefühl habe ich dabei auch nicht mehr. Allerdings ziehe ich Handschuhe an und halte immer Abstand, im Gegensatz zu vielen anderen, die kaum mehr darauf achten“, so ihre Beobachtung.

Auch die „Neuss liest“-Veranstaltung am Freitagabend, mit Lyrik von Norbert Scheuer, an der Eleonore Hillebrand als Leiterin des „Neusser Autorenkreises“ teilnimmt, lässt sie sich trotz Corona nicht entgehen. „Als Autorin bin ich auf Kontakte angewiesen. Ich treffe Kollegen und empfange bisweilen auch Autoren bei mir zuhause. Nur im eigenen Saft zu rühren ist nicht wirklich einträglich.“

In ihrem Corona-Tagebuch schreibt die ehemalige Rechtspflegerin aber nicht nur über das, was in ihrer Heimat Neuss passiert, sondern auch über Nachrichten aus aller Welt. „Malta gilt seit heute als Risikogebiet.“ Für Eleonore Hillebrand hat diese Nachricht eine ganz persönliche Bedeutung. Mein Sohn befindet sich gerade mit seiner Familie dort. Per WhatsApp bin ich mit ihm in Kontakt“, berichtet die 85-Jährige.

Ihre Aufzeichnungen bieten ihr selbst „ein Stück Entlastung“ in dieser Krisenzeit und motivieren sie zudem, sich mit der aktuellen Zeitgeschichte auseinanderzusetzen. Zum anderen halte sie die Geschehnisse fest, damit sie und ihre beiden Söhne mit ihren Familien später über das Corona-Jahr 2020 nachlesen können.

Am 31. Dezember will Eleonore Hillebrand ihr Corona-Tagebuch nämlich beenden. „Im neuen Jahr beginne ich von vorne, wenn es für mich Sinn macht“, kündigt sie an. Julia Rommelfanger

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort