Quirinus-Münster in Neuss Auf„Safari“ durch St. Quirin

Neuss · Löwen, Hunde und ein Hahn: Im Quirinus-Münster ist tierisch was los. Oberpfarrer Guido Assmann erklärt, was es damit auf sich hat.

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Auf Safari im Quirinus-Münster

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Foto: Natalie Urbig

Majestätisch liegt der Löwe in einer Nische vor dem Altarraum. Den Kopf mit seiner lockigen Mähne hat er erhoben, die Pfoten würdevoll übereinander geschlagen: So beobachtet der König der Tiere das Geschehen im Quirinus-Münster. Er ist aber nicht der einzige, der dort nach dem Rechten sieht. Wer sich aufmerksam umsieht, wird viele weitere Tierabbildungen entdecken. Um sie alle zu finden, hat Oberpfarrer Guido Assmann einen besonderen Rundgang vorbereitet. Der beginnt gleich am Eingang des sakralen Gebäudes. An der Pforte ist ein Knauf angebracht, der an ein Löwengesicht erinnert. „Im Münster ist der Löwe mehrfach dargestellt“, sagt Assmann. Zwei weitere säumen etwa den Gang zum Altar. „Löwen stehen für das Mächtige, Große und Starke. Man sieht oft, dass sie an Königspalästen und herrschaftlichen Häusern angebracht werden.“ Die Aussage dahinter? „Das mächtige Tier bewacht jemanden, der noch mächtiger ist. Im konkreten Fall ist es ein Zeichen dafür, dass der Löwe dem noch Höheren dient, nämlich Christus.“

Dem noch Höheren dienen, darum geht es auch bei den Tieren, die die Leuchter in der Nähe des Altarraums schmücken. Besieht man sich die Kerzenhalter genau, stellt man fest, dass der Fuß die Form eines drachenähnlichen Geschöpfs hat. Fabelwesen seien in der christlichen Darstellung keine Seltenheit.

Dann nähert Assmann sich dem Altar und dem goldenen Quirinus-Schrein. Durch das Glas deutet der Oberpfarrer auf mehrere Figuren. An ihrer Seite haben einige von ihnen einen tierischen Begleiter. Die Tierdarstellungen, das wird schnell klar, haben auch einen praktischen Nutzen. Sie versinnbildlichen Stärke und Macht, aber auch Tugenden und Laster. Viele Heilige werden so etwa mit einem Tier abgebildet. „Damals konnten wenige Menschen lesen“, erzählt Assmann, „aber sie kannten die Symbolik. So wussten sie anhand der Tiere genau, um welchen Heiligen es sich bei der Abbildung handelt.“ So ist es nicht verwunderlich, dass neben dem heiligen Antonius, der als Begründer des christlichen Mönchtums gilt, ein Schwein sitzt. Denn Antonius der Große ist auch der Schutzpatron der Landwirte und ihrer Nutztiere.

Weiter geht es zu dem historischen Chorgestühl aus dem 16. Jahrhundert, das links und rechts neben dem Altarraum steht. „Es gehörte den Damen der Stiftskirche“, erklärt Assmann. Zwischen den einzelnen Sitzen sind aufwendige Schnitzarbeiten zu sehen, die unterschiedliche Ornamente, aber auch Tiere zeigen. Da wäre etwa ein Kamel, das auf der Armlehne thront, ein Greifvogel oder ein Hund mit einem beinah menschlichen Gesicht. Warum sich ausgerechnet für diese Tiere entschieden wurde, darüber kann Assmann nur mutmaßen. „Vielleicht standen die Schnitzarbeiten in einem besonderen Bezug zur jeweiligen Stiftsdame“, sagt er. „In der Bildersprache kann man es auch so sehen, dass die Tiere Teil von Gottes Schöpfung sind und ihm nun dienen.“ Assmann geht weiter und bleibt vor einer jahrhundertealten Petrusfigur mit einem Hahn stehen. „Das ist ein Verweis auf den Apostel Petrus. In den Evangelien wird die Passionsgeschichte so erzählt, dass Jesus seinem Jünger voraussagte, dass er ihn noch ehe der Hahn krähe, dreimal verleugnen würde. So ist es auch geschehen. Doch gibt es noch einen anderen Hahn: Der ist häufig auf den Kirchtürmen zu finden. Auch das Quirinus-Münster hat einen.“ Der Hahn kündigt den Morgen an. Dadurch, dass er hoch oben sitzt, sieht er noch vor anderen, wie die Sonne aufgeht.“ Und die Sonne, die hell ist und Leben schenkt, sei ein Bild für Gott.

Viele tierische Bewohner könnte Assmann noch aufzählen. Vielleicht können Sie bei ihrem nächsten Besuch noch einige entdecken.

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