Kultband spielt in Neuss Ein Lord seit 60 Jahren

Neuss/Düsseldorf · Vor 60 Jahren schon standen die Musiker auf der Bühne: The Lords haben Kultcharakter. Klaus-Peter Lietz lebt schon lange in Düsseldorf und hat so manche amüsante Anekdote auf Lager. Mit der Band ist er auf Abschiedstour.

 Klaus-Peter Lietz, den alle Welt als Lord Leo kennt, lebt in Düsseldorf und ist mit der Band The Lords auf Abschiedstour.

Klaus-Peter Lietz, den alle Welt als Lord Leo kennt, lebt in Düsseldorf und ist mit der Band The Lords auf Abschiedstour.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

 Seit mehr als 60 Jahren ist Klaus-Peter Lietz Bandmitglied bei The Lords – und unter dem Namen „Lord Leo“ bekannt. „Mein Vater, der uns am Anfang die Bühnenkostüme geschneidert hat, hieß Leo. Meine Bandkollegen meinten, dass Lord Leo cooler klingt als Lord Klaus-Peter“, sagt Lietz augenzwinkernd. „Mein Vater hatte Spaß daran, dass ich seinen Namen übernommen habe. Irgendwann riefen auch Mädchen bei uns an und wollten mit Leo sprechen.“

Dass der heute 75-Jährige inzwischen in Düsseldorf wohnt, ist eigentlich dem nahen Köln zu verdanken. Dort hat die Plattenfirma EMI einst ihren Hauptsitz, bei der Lietz und The Lords unter Vertrag waren – und entsprechend regelmäßig vorbeischauten. „Wir waren häufig in der rheinischen Gegend, und irgendwann habe ich gedacht, dann kann ich ganz hier bleiben“, sagt Lietz. Und so ist Düsseldorf seit Jahren seine Heimat, der Unterbacher See so etwas wie sein zweites Wohnzimmer. Lietz ist begeisterter Wassersportler, ist mit seiner Frau – die beiden sind seit 50 Jahren miteinander verheiratet – Regatten gesegelt und steht immer noch gerne auf dem Surfbrett.

Angefangen haben The Lords als Skiffle-Schülerband in Berlin. „Als dann die Beatwelle rüberschwappte, fanden wir das gut und haben uns mal eine E-Gitarre gekauft“, erinnert sich Lietz. „Dann sind wir mit gecoverten Beatsongs in Clubs aufgetreten.“ Als es anlässlich des ersten Beatles-Films einen Musikwettbewerb gab, meldeten sich The Lords an – und gewannen. „Die Finalausscheidung war im Star Club in Hamburg, also dort, wo auch die Beatles schon gespielt hatten. Als Siegerprämie haben wir den Plattenvertrag bekommen“, sagt Lord Leo. Vom glamourösen Leben eines Stars war damals aber weit und breit nichts zu erkennen. „Wir waren damals noch minderjährig, und mein Vater musste den Vertrag unterschreiben. Er sagte nur: ,Du bist ja sowieso in einem Jahr wieder zu Hause’“, so Lietz. Unterschrieben hat er trotzdem.

Seit damals sind 60 Jahre vergangen, und The Lords stehen immer noch auf der Bühne. Vor kurzem erhielten sie dafür den Eintrag ins Buch der deutschen Weltrekorde und sind amtlich bestätigt die „dienstälteste Beat- und Rockband der Welt“.

„Die Zeit ist förmlich verflogen. Wir waren immer in Bewegung, Stillstand kennen wir nicht. Wir hatten aber auch harte Zeiten“, sagt er. Beispielsweise als The Lords auch in dubiosen Clubs auftreten mussten und dabei nach Stechuhr musiziert wurde. „Wir haben von 20 bis 5 Uhr gespielt und dabei pro Stunde 45 Minuten Musik gemacht und durften 15 Minuten pausieren. Das war Arbeit. Und wir haben mit vier Jungs auf einem Zimmer geschlafen“, erinnert sich der Gitarrist.

Kurz darauf ging es aber wieder bergauf. Zwischen 1965 und 1969 waren The Lords mit zwölf Titeln wie „Poor Boy“, „Have a drink on me“ und „And at night“ in den deutschen Charts und tourten mit The Kinks oder The Who durch Deutschland. Und Geschichte haben sie auch geschrieben: „Wir haben als erste Westband im Ostblock hinter dem eisernen Vorhang gespielt. 1967 kamen 25.000 Zuschauer ins Warschauer Legia-Stadion“, so Lietz. Ihr größtes Konzert spielten The Lords als Vorgruppe von Ritchie Blackmore vor 50.000 Zuschauern in Prag.

Ehrungen gab es für die Musiker über die Jahre zuhauf. Doch Auszeichnungen wie „Bravo-Top-Stars 1967“, Nummer-Eins-Hits wie „And at night“ in Österreich, 25 Alben und mehr als 300 Fernsehauftritte sind nicht die Gründe dafür, dass er Musik macht. „Die großen Dinger sind nicht entscheidend. Wir sind eine Liveband und wollen den Kontakt zum Publikum haben. Wir müssen laut sein und brettern, das ist unser Ding“, sagt Lord Leo. Dabei geht er eher leise durch sein Leben. Auf den Unterbacher See zu schauen und das Leben zu genießen – das mag und macht Lord Leo. Und aus Düsseldorf will er auch nicht mehr.

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