Konzerte in Neuss Eine wahrhaft heiße Nacht im „Kulturgarten“

Neuss · Die Stipendiatin der Kammerakademie und das Blechbläserqaurett aus Moers gaben Konzerte: Die DKN im Globe, das Blechbläserquintett im Führring unter einem gewaltigen Blätterdach.

 Die Blechbläser aus Moers.

Die Blechbläser aus Moers.

Foto: Nadja Hielscher

Am ersten wirklich heißen Abend war der Kulturgarten mit den verfügbaren 96 Karten gleich zweimal ausverkauft. Während sich die Stipendiaten der Deutschen Kammerakademie Neuss (DKN) vornehmlich aus akustischen Gründen am Spätnachmittag ins Globe-Theater zurückzogen, spielte das Moerser Blechbläserquintett auf der Open-Air-Bühne im Führring. Die DKN zelebrierte eine „nordische Nacht“ mit Werken von Edvard Grieg, Carl Nielsen und anderen skandinavischen Meistern. Nach dem Konzert waren sich die Zuhörer darin einig, dass man weniger von den Stipendiaten der DKN sprechen könne, sondern zu Recht von den „Virtuosen der Kammerakademie“.

Absolute Profis sind auch die Musiker im Moerser Blechbläserquintett unter seinem Gründer Dirk Wittfeld (Trompete). Die Verbindung zu Neuss repräsentiert der zweite Trompeter Rodion Dubirny, er unterrichtet sein Instrument nämlich seit 17 Jahren an der Neusser Musikschule. An Musikschulen in Monheim, Radevormwald und Gladbeck lehren auch Michael Hielscher (Horn), Micha Mayer (Posaune) und Joachim Müller (Tuba). Apropos „Profis“: Michael Hielscher (47) hat sein Konzertexamen am Londoner „Royal College of Music“ gemacht.

Bei zurückhaltender elektronischer Aussteuerung klangen einige Sätze aus Händels „Feuerwerksmusik“ prachtvoll und majestätisch im satten Zusammenspiel. Wie für Blechbläser geschaffen wirkten auch die vier Stücke aus der „Musique heroique“ von Georg Philipp Telemann. „Der Klang ist enorm, wir fühlen uns wie in einer Kirche“, sagte Dirk Wittfeld. Tatsächlich vermittelt das gewaltige Blätterdach, das auch ausreichend Schatten spendete, den Eindruck eines Baumdoms.

Die wenige Originalliteratur im romantischen Stil für Blechbläser hat der russische Ingenieur und Architekturprofessor Victor Ewald (1860 – 1935) bereichert. Von seinen vier Symphonien für modernes Blechbläserquintett erklang aus der Nr. 2 der zweite Satz „Tema con variazioni“. Bläser sind immer mutiger geworden, was die Adaption von unterschiedlichsten Werken für ihre Instrumente betrifft. Dass dies zugleich eine Bereicherung sein kann, zeigte die Bearbeitung von Claude Debussys Klavier-Prélude „La fille aux cheveux de lin“. Auch Bläser sind zu rührender Schönheit fähig, die dem Mädchen mit dem Leinenhaar fast madonnenhafte Züge verleiht.

Ähnlich gelungen wurde die „Hymne an die Gefallenen“, einem Chor von John Williams aus dem Weltkriegsepos „Der Soldat James Ryan“ von Steven Spielberg (1998), zu einer emotional stimmigen Würdigung der fünf Bläser. Im Jazzstandard „That‘s a plenty“ von Lew Pollack zeigte Joachim Müller, zu welch sanften Tönen bei erstaunlicher Beweglichkeit die Tuba, das tiefste Blechblasinstrument, fähig ist, auch im feinen Unisono aller Musiker bei Stevie Wonders „Sir Duke“.

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