Konzert in Neuss Kammerakademie spielte Mozart – perfekt, aber nicht zu glatt

Neuss · Die Kammerakademie Neuss (DKN) hatte Glück im Unglück: Das Abonnenten-Konzert in der Stadthalle konnte noch stattfinden. Im November ist in der Hinsicht ohnehin nichts geplant.

Ein Geschenk, dass dieses Konzert überhaupt stattfinden durfte. Darin waren sich beide einig: die Deutsche Kammerakademie und das Publikum. Eine straffe Organisation mit einer durch Corona diktierten Sitzordnung bildete in der Stadthalle den Rahmen für eine Stunde klassischer Musik. Nicht zu hoch gegriffen war dieses Mozart-Ereignis mit „Parallele Universen“ überschrieben, wobei zwei berühmte Kompositionen ihren ureigenen Kosmos ausbreiteten.

 Caroline Widmann übernahm die Leitung für Isabelle van Keulen.

Caroline Widmann übernahm die Leitung für Isabelle van Keulen.

Foto: Lennard Rühle

Auf dem Programm standen das Konzert für Violine und Orchester Nr.1B-Dur KV 207 und die Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550. Carolin Widmann übernahm für die erkrankte Isabelle van Keulen den Doppelpart Leitung und Violine. Andres Mehne dirigierte KV 550. So wurde die herrliche Sinfonik von Mozart ausgebreitet. Was vorab als gekonnt erprobte Routine hätte erwartet werden können, entpuppte sich auf der Bühne vom ersten bis zum letzten Geigenstrich als neue Entdeckung.

Das liegt am unerschöpflichen Potenzial der Notensetzung mit seinen Effekten, das hat aber auch seinen Grund in der Spielweise. Bewunderte Zelebrierung des großen Klassikers hätte in den Sinn kommen können, wenn nicht der homogene Klangkörper der DKN die Aufmerksamkeit auf seine Weise gefesselt hätte.

Carolin Widmann brillierte mit ihrem Violinspiel und fesselte selbst in den Passagen der kleinen, kaum hörbaren musikalischen Figuren. Das begleitende Orchester bewahrte sein Eigenleben und bildete an vielen entscheidenden Stellen den raumfüllenden Rahmen. Sicher war die Tonsetzung von allen Musizierenden, und die dankbare Freude des Publikums blieb nicht aus, wenn es seinen Mozart 1:1 erkannte.

Bei der Sinfonie war die Besetzung hör- und sichtbar angeschwollen. Das gab den vollen Klang, reizte unter dem bestimmenden Dirigat von Andres Mehne die expressiven Passagen aus und ließ sich auch Zeit für lyrische Entspannung. So war die Doppelaufführung sinfonisch perfekt und fehlerfrei, wobei das Risiko vermieden wurde, dass sie allzu glatt überkam. Immer noch blieb genügend Raum für die eigene Interpretation des Zuhörers, wenn er es denn wünschte. Aber bei aller Freude über das Gehörte und Erlebte (und wenn zugestanden wird, dass zweimal Mozart mit diesem reichen Inhalt vollauf genügte): Mozart zum Dritten wäre das willkommene Sahnehäubchen gewesen.

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