Nach fast 75 Jahren Die letzte Druckerei in Neuss schließt

Neuss · Decker Druck wird mit „Das Druckhaus“ in Korschenbroich verschmolzen, verpasst daher das Firmenjubiläum.

 Erfüllende Arbeit: In dem kleinen Betrieb war jeder Mitarbeiter mit fast allen Arbeitsschritten vertraut.

Erfüllende Arbeit: In dem kleinen Betrieb war jeder Mitarbeiter mit fast allen Arbeitsschritten vertraut.

Foto: Andreas Woitschützke

Kaufen wollten die Druckerei Decker schon viele. Doch die Inhaber ahnten, dass das Interesse vor allem der Kundendatei mit bundesweit gepflegten Kontakten galt und nicht dem Unternehmen oder seinen Angestellten. Deshalb blieben Hermann und Martina Decker abweisend. Trotzdem gehen zum Jahresende in dem letzten Betrieb, der noch in Neuss druckt, die Lichter aus. Und das erklärt Martina Decker mit dem Begriff praktische Fusion. „Nur Lieferung und Rechnungslegung ändern sich“, sagt sie.

Zum 1. Januar geht Decker Druck, derzeit in dritter Generation geführt, im Unternehmen „Das Druckhaus“ von Uli Beineke und Jakob Dickmanns in Korschenbroich auf. Die hatten schon die Derikumer Druckerei Schröder (Filigran Laser) übernommen.

Jahrelang hatte die Familie zuvor versucht, das Unternehmen eigenständig fortzuführen. Letztlich scheiterte das nicht an den Finanzen – Decker Druck gilt als kerngesund – sondern daran, dass keine qualifizierten Mitarbeiter mehr zu finden waren. Die Kernmannschaft bildeten zuletzt die Inhaber, ihre Tochter Jennifer und der seit 30 Jahren zum Betrieb gehörende Neffe Sascha Krieg. Er und Jennifer Decker wechseln mit nach Korschenbroich, wurden gerne übernommen.

 Martina und Hermann Decker freuen sich auf den Ruhestand, Tochter Jennifer (l.) und Neffe Sascha Krieg (hinten)  auf einen neuen Start in „Das Druckhaus“.

Martina und Hermann Decker freuen sich auf den Ruhestand, Tochter Jennifer (l.) und Neffe Sascha Krieg (hinten)  auf einen neuen Start in „Das Druckhaus“.

Foto: Andreas Woitschützke

Die kleine Truppe, zu der bis vor kurzem noch zwei Drucker gehörten, machte Decker Druck flexibel und die Arbeit erfüllend. Denn vom Layout am Computer über die Herstellung der Platten und den Druck bis hin zum Versand war jeder an fast allen Arbeitsschritten beteiligt. „Man sieht das Endprodukt“, sagt Decker. Andererseits bedeutete das gerade bei vollen Auftragsbüchern eine echte Plackerei.

Wie lange setzt man sich dem aus? Hermann Decker jedenfalls entschied: Mit 70 – den Geburtstag feiert er im Januar – ist Schluss. Emotional sei das Kapitel abgeschlossen, ergänzt seine Frau. „Wir sind alle glücklich“, auch weil Decker Druck in gute Hände kommt. Schließlich sind der Seniorchef und Uli Beineke nicht nur Skatbrüder.

 Die Bandbreite der Möglichkeiten im Druck war bei Decker groß.

Die Bandbreite der Möglichkeiten im Druck war bei Decker groß.

Foto: Andreas Woitschützke

Am Freitag verabschiedet sich Decker Druck von „Kunden, die uns am Herzen liegen“, mit einem Umtrunk. Zu den geladenen Gästen gehört auch Stadtarchivar Jens Metzdorf, der die „praktische Fusion“ aus ganz praktischen Erwägungen bedauert. „Deckers sind unkompliziert, zuverlässig und unglaublich fleißig“, sagt er. Etliche Jahrbücher der Reihe „Novaesium“ entstanden an der Kölner Straße, wohin er auch viele Aufträge vergab, die keiner Ausschreibung bedurften. Und wie er nutzten viele Neusser Vereine, Kirchengemeinden, aber auch die Krankenhäuser und das Theater den kurzen Weg nach Gnadental, wenn sie etwas zum „Aus-Druck“ gebracht haben wollten. Denn die Bandbreite dessen, was auf Decker-Maschinen möglich war, ist groß.

Mit dem Personal wechselt auch der Kundenstamm nach Korschenbroich. Für die soll sich am wenigsten ändern. Einziger Wermutstropfen: Das 75-jährige Bestehen der Firma im Mai wird knapp verpasst. „Die Urkunde liegt schon hier“, sagt Martina Decker.

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