Kindertheater-Premiere Ein Gespenst will dazugehören

Neuss · Im Theater am Schlachthof hatte das Kinderstück „Ein Gespenst unterm Weihnachtsbaum“ Premiere. Judith Binias hat es geschrieben und sich vom „Gespenst von Canterville“ inspirieren lassen.

 „Ein Gespenst unterm Weihnachtsbaum“ finden Alin Ivan, Franka von Werden, Julia Jochmann und Tim Fleischer (.v.l) im Theater am Schlachthof.   Foto: Anka Dahmen

„Ein Gespenst unterm Weihnachtsbaum“ finden Alin Ivan, Franka von Werden, Julia Jochmann und Tim Fleischer (.v.l) im Theater am Schlachthof. Foto: Anka Dahmen

Foto: Anka Dahmen

Dieses Gespenst hat es schwer: Als Geist der glücklosen Piratin Baronin von Pi ist es seit 600 Jahren dazu verdammt, durch Spuken das in ein Haus verwandelte Schiff zu verteidigen. Denn die Piratin hatte zwar den Schatz von Novesia am Neusser Hafen gefunden, doch die Mannschaft verweigerte die Bergung. Also vergrub die Baronin ihn kurzerhand und spukt seitdem durch ihr Haus.

Soweit die Vorgeschichte zum Theaterstück „Das Gespenst unterm Weihnachtsbaum“ für Kinder, das im ausverkauften Theater am Schlachthof Premiere feierte. Das junge Publikum erlebte eine spannendes Schauspiel von Judith Binias frei nach Motiven von Oscar Wilde.

Das Haus der geisterhaften Piratin wird ausgerechnet über die Weihnachtstage als „besondere Immobilie“ vermietet – an Vater Otis Wilde (Alin Ivan), seine Tochter Vio (Franka von Werden) und deren Freund Peter (Tim Fleischer). Richtige Lust aufs Fest haben die Drei sowieso nicht, da Vios Mutter durch Abwesenheit glänzt – sie verkauft lieber Schiffsschrauben in Singapur – und Peters Eltern zerstritten sind.

Missmutig richten sich die Kinder ein und erleben sofort sehr merkwürdige Dinge. Verschüttete Flüssigkeit auf dem Boden, Bücherregal und Tisch bewegen sich – im Wortsinn ist alles ver-rückt. Da ist natürlich die Baronin von Pi (Julia Jochmann) am Werk, von der zunächst nur ein Arm zu sehen ist, was die Zuschauer aufmerksam mit Zurufen quittieren. Das Gespenst versucht, die Gäste zu vergraulen. Da der Vater den Kindern den Spuk nicht glaubt, scheint es Erfolg zu haben. Doch die Kinder retten sich mental zunächst mit dem Lied „Wir lagen vor Madagaskar“ und laden das Publikum zum Mitsingen ein.

Peter geht den Spuk wissenschaftlich an: „Das Gespenst will in der Gegenwart etwas erledigen, was es im Leben nicht geschafft hat!“ Schließlich erscheint der Geist in voller Lebensgröße und versucht durch Grimassenschneiden furchteinflößend zu wirken – doch hat weder bei Vio und Peter noch beim Publikum Erfolg: Dieses Gespenst trägt liebenswerte Züge und vermittelt eher den Eindruck, einfach dazugehören zu wollen.

Schließlich macht sich der Geist der Piratin unsichtbar und stört die Weihnachtsvorbereitungen, wundert sich über „besinnliche Accessoires“, wobei leise Gesellschaftskritik zu hören ist und erschrickt selbst fürchterlich vor einem von Vio und Peter präparierten „Gespensterbaum“. Da bricht es weinend zusammen und offenbart seine Einsamkeit.

Schlussendlich können Peter und Vio das Gespenst von seinem Fluch befreien, denn sie wissen: Teilen ist alles und gerade an Weihnachten sollte man die gemeinsame Zeit genießen.

Und so passiert es auch: Vios Mutter taucht mit der traditionellen Familienpizza auf, und Peters Eltern haben sich wieder vertragen. Die Schauspieler offenbaren große Spielfreude, auch wenn sich niemand wirklich gruselt. Den Grund weiß Antonia (4): „Das Gespenst hat geweint – und so war es ganz normal“. Normal menschlich eben.

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