Konzert im Kulturkeller Neuss Faszinierenden Reise mit Musik rund ums Mittelmeer

Neuss · Das aus Köln stammende Ensemble Kol Colé mit dem Neusser Hesen Kanjo musizierte bei den „Acoustic Concerts“.

 Roman Nedzvetskyy, Bella Liebermann, Daniel Marsch (oben, v.l.) und Hesen Kanjo gehören zum Ensemble Kol Colé.

Roman Nedzvetskyy, Bella Liebermann, Daniel Marsch (oben, v.l.) und Hesen Kanjo gehören zum Ensemble Kol Colé.

Foto: Kol Colé

Gleich vier Nationen und drei Weltreligionen repräsentieren die Musiker des Ensembles „Kol Colé“ (Klang aus Köln), die in der Reihe „Acoustic Concerts“ im gut besuchten Kulturkeller gastierten. Bella Liebermann (Gesang, Moderation) stammt aus Moldawien, der Pianist Roman Nedzvetskyy aus der Ukraine, der in Syrien geborene Kurde Hesen Kanjo (Kanun) ist in Neuss gut bekannt, weil er hier lebt, und das Zuhause von Daniel Marsch (Akkordeon, Geige, Gesang) ist in Hückeswagen.

Das Ensemble pflegt neue Facetten jüdischer Musik, vor allem den Klezmer mit spanischen, osteuropäischen und orientalischen Einflüssen. Diese Tanz- und Instrumentalmusik der Juden Osteuropas erlebt heute geradezu als „Weltmusik“ eine Renaissance. Die zweite Quelle des Kölner Ensembles sind die Lieder der sephardischen Juden, die bis zu ihrer Vertreibung 1492 in Spanien lebten. Heute sind sie über die gesamte Mittelmeerregion verbreitet und haben Einflüsse aus Nordafrika, Griechenland und der Türkei bis in den Balkan und nach Ägypten in ihre Balladen und Romanzen einbezogen.

Gleichwohl umrahmte das Ensemble das Konzert mit traditionellen hebräisch-israelischen Liedern, zu Beginn das bekannte „Schalom Aleichem“ (Der Friede sei mit euch), zum Abschied „Lomir zikh iberbetn“ (Wir wolln uns wieder vertragen). Dazwischen wurde das Publikum zu einer faszinierenden Reise rund ums Mittelmeer mit Abstechern nach Osteuropa eingeladen.

Der türkische Klezmer „Terk“ ist ein traditioneller Tanz, den alle südosteuropäischen Völker für sich reklamieren. Andere Tänze wie der „Sher“, der ursprünglich aus dem Rheinland stammt und den die Juden im 16. Jahrhundert übernommen haben, gaben Hesen Kanjo Gelegenheit, sein Kanun, eine orientalische Zither, höchst virtuos zu spielen. Bella Liebermann sang vermutlich sehr authentisch sephardische und jiddische Lieber von Liebe, Nachtigall und Rosen. Ein bekanntes Lied des griechischen Sängers George Dalaras hat sie mit neuem jiddischen Text unterlegt: „Mayn Mame hot gezogt tsu mir“. Sie will damit auch zur Wiederbelebung der jiddischen Sprache beitragen.

Das jiddische Lied vom Rabbi Elimelech zelebrierte Daniel Marsch zunächst auf der Geige, dann auf dem Akkordeon. Fast schüchtern, aber hochprofessionell begleitete Roman Nedzvetskyy am Klavier. Der Ukrainer, der während seines Studiums in Moskau zahlreiche Preise gewinnen konnte, lebt seit 1999 in Deutschland. Als das Ensemble beim jiddischen Tango zur Musik von Alexander Olshanetsky „Ikh hog dikh tsufil lib“ sang, war das auch Dank an das Publikum, denn „Kol Colé“ fühlte sich in der geradezu familiären Atmosphäre des Kulturkellers sichtlich wohl.  

(Nima)
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