Bürgergesellschaft Neuss Christoph Heusgen: Diplomat, Autor und Politiker

Neuss · Deutschland muss außenpolitisch mehr Verantwortung übernehmen. Das würden die europäischen Nachbarn aber auch die Welt erwarten, betont der aus Neuss stammende Diplomat Christoph Heusgen in einem Diskussionsabend in der Bürger, wo er sein Buch „Führung und Verantwortung“ vorstellte. Warum der Titel wörtlich zu nehmen ist.

 Johann Andreas Werhahn (l.) hatte den aus Neuss stammenden Christoph Heusgen eingeladen, der im Gespräch mit Ludger Baten (r.) die Kernthesen seines neuen Buches „Führung und Verantwortung“ darstellte.

Johann Andreas Werhahn (l.) hatte den aus Neuss stammenden Christoph Heusgen eingeladen, der im Gespräch mit Ludger Baten (r.) die Kernthesen seines neuen Buches „Führung und Verantwortung“ darstellte.

Foto: Woi

Sicherheits- und Außenpolitik ist ein komplexes Thema, das zu durchschauen selbst informierten Laien schwerfällt. Wie spannend, verständlich und vergnüglich diese aber präsentiert werden kann, zeigte Christoph Heusgen am Dienstagabend in Kohlmann’s Café & Weinbar. Auf Einladung der Neusser Bürgergesellschaft war der ehemalige deutsche UN-Botschafter und langjährige Sicherheitsberater von Angela Merkel in seine Heimatstadt zurückgekehrt, um sein Buch vorzustellen, mit dem er nicht nur seine Erfahrungen teilen, sondern auch werben möchte, für die Lehren, die er im Hinblick auf die künftige Außenpolitik Deutschlands gezogen hat.

Johann-Andreas Werhahn begrüßte die mehr als 100 Gäste dieser Veranstaltung, die in Kooperation mit der in Kooperation mit dem Gutenberg Buchhandlung stattfand, sowie den Gastredner, bevor Ludger Baten, ehemaliger Redaktionsleiter der NGZ, mit Heusgen ins Gespräch kam.

„Führung und Verantwortung“ ist der Titel des Buches und den nimmt der Autor wörtlich: „Es ist an der Zeit zu agieren. Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen.“ Führungsarbeit sei anstrengend, werde aber von den europäischen Nachbarn und der Welt von Deutschland erwartet. Dabei setzt der 67-jährige auf eine Außenpolitik aus einem Guss: „Wir müssen unsere außenpolitischen Instrumente bündeln und nicht nur das Außen- und Verteidigungsministerium koppeln, sondern auch das der Entwicklungshilfe dazu nehmen.“

Als Chef der Münchener Sicherheitskonferenz ist Heusgen mit seinem Team derzeit mit „Zeitenwende on Tour“ in Deutschland unterwegs und versucht, den Menschen nahezubringen, mehr Verantwortung zu übernehmen und die Dringlichkeit dieses Themas zu vermitteln. Denn, so Heusgen, „das ist keine Diskussion der politischen Elite, das müssen alle Bürger verstehen und mittragen.“ Er spricht sich gegen eine Wehrpflicht aus, begrüßt aber den Diskurs um eine allgemeine Dienstpflicht, bei der junge Menschen für ein Jahr bürgerschaftliches Engagement zeigen. Als besonders wichtig erachtet er die deutsch-französische Freundschaft und wirbt dafür, dass auch Neuss im Rahmen der Städtepartnerschaft mit Châlons oder durch Schüleraustausch-Programme weiter darauf baut.

Seiner „ehemaligen Chefin“ hatte er ein Buch zukommen lassen, für das sie sich prompt per SMS bedankte. Wie die ehemalige Bundeskanzlerin zum Schützenfest steht, das Heusgen übrigens als wichtigen Faktor für die  Erhaltung und Schaffung persönlicher Beziehungen zu internationalen Gästen schätzt, erzählte er in einer herrlichen Anekdote, die ihren Anfang bei der Parade im Jahr 2013 nimmt: Als Heusgen mit den Kameraden des Schützenlustzugs „Nur so“ wartete, endlich d’r Maat erop marschieren zu können, erreichte ihn ein Anruf aus dem Weißen Haus, der ihn zu einer sofortigen Abreise zu seinem Dienstsitz in Berlin zwang. Nachdem dort die Lage soweit geklärt war, fuhr er zurück nach Neuss – denn auch dort hatte er am Wochenende „Verpflichtungen“. Jedoch vermisste ihn die Kanzlerin und rief mit den Worten „Ja, geht dieses Schützenfest denn nie zu Ende?“ bei ihm an. Zurück in Berlin nahm sie ihn zur Seite und bemerkte: „Wissen Sie, Herr Heusgen, fünf Tage Schützenfest in Neuss – das ist nun wirklich nicht mehr zeitgemäß.“ Zum Bedauern der begeisterten Zuhörer, hat es diese Geschichte übrigens nicht ins Buch geschafft – der Lektor fand, das sei „zu viel Neuss“, sodass Heusgen sie einstreichen musste. Brandaktuell wurde es als Christoph Heusgen seine Einordnung zum Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erklärte: „Einen Waffenstillstand wird es erst geben, wenn Putin einsieht, dass er militärisch nicht weiterkommt.“

Info Christoph Heusgen: „Führung und Verantwortung – Angela Merkels Außenpolitik und Deutschlands künftige Rolle in der Welt“, Hardcover 24 Euro

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