An der Further Straße Neuss bekommt eine „Berliner Mauer“

Neuss · Ende Juli setzen Künstler ein Projekt an der Mauer der Industriebrache Bauer & Schaurte um. Unter dem Motto der freien Meinungsäußerung sollen politische Motive entstehen, die zum Nachdenken anregen.

 Oldhaus vor der Mauer an der Industriebrache Bauer & Schaurte. Dort wollen er und weitere Künstler am 26. Juli ein Projekt im Zuge des Programms „Demokratie Leben!“ realisieren.

Oldhaus vor der Mauer an der Industriebrache Bauer & Schaurte. Dort wollen er und weitere Künstler am 26. Juli ein Projekt im Zuge des Programms „Demokratie Leben!“ realisieren.

Foto: Simon Janßen

Der Drache steht noch – und guckt so finster drein wie sonst auch. Doch nur rund einen halben Meter weiter entlang der Mauer beginnt die Abriss-Szenerie. Natürlich schmerzt es Alessandro Althaus – besser bekannt unter seinem Künstlernamen „Oldhaus“ –, wenn er an der Further Straße entlang geht und sieht, wie stundenlange künstlerische Arbeit von ihm und seinen Kollegen pulverisiert wird. „Aber wir wussten ja, dass die Mauer irgendwann abgerissen wird“, sagt der 34-Jährige. Bemalt wurde die Mauer an der Industriebrache Bauer & Schaurte 2019 im Zuge des städteübergreifenden Kunstprojektes „Home Street Home“, an dem sich auch Geldern, Krefeld und Mönchengladbach beteiligten.

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Wo jedermann Graffiti-Künstler sein darf

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Foto: Christoph Kleinau

Dass die Wand an der Further Straße irgendwann komplett verschwinden wird, hält Oldhaus nicht davon ab, dort noch ein finales, einzigartiges Projekt zu realisieren. Mit einem zehnköpfigen Künstler-Team will er an der Stelle eine Art „Berliner Mauer“ kreieren. Geschehen soll das im Zuge des Programms „Demokratie leben!“, an dem sich der Rhein-Kreis beteiligt. Das Motto soll auch bei dem Kunst-Projekt an der Further Straße Berücksichtigung finden. „Ich übernehme zwar die Organisation, aber ich möchte im Vorfeld keine Entwürfe sehen. Jeder Künstler soll so arbeiten können, wie er möchte. Frei, demokratisch, ohne Zensur und mit freier Meinungsäußerung – ganz im Sinne des Mottos“, sagt der Neusser. Lediglich am Tag der Entstehung – dem 26. Juli – wolle er eine thematische Sortierung vornehmen und die einzelnen Mauer-Flächen zuordnen. Eingegangen werden soll auch auf die symbolische Bedeutung einer eingerissenen Mauer: Grenzen überwinden, Menschen zusammenbringen, Freiheit leben! „Die Motive dürfen ruhig laut und auffällig sein, sie sollen zum Nachdenken anregen“, sagt Oldhaus, dem es wichtig ist, bei dem Vorhaben nicht nur verschiedene Generationen, sondern auch künstlerische Herangehensweisen zu kombinieren: „Es soll kein reines Graffiti-Projekt werden.“

Neben der Mauer-Gestaltung ist ein zweites Projekt im Zuge von „Demokratie leben!“ in Planung. Realisiert wird es von der Künstlergruppe „Goja“, zu der neben Oldhaus auch Gisa Rosa, Janne Gronen und Alwina Heinz zählen. Das Quartett lernte sich 2019 im polnischen Partnerkreis Mikolov kennen. „Dort ist Kreisdirektor Dirk Brügge auf uns zugekommen und hat gefragt, ob wir Lust haben mitzumachen“, sagt Oldhaus. Unter dem Motto „Steht auf!...“ plant das Quartett besondere Projekttage. Diese hätten eigentlich im Atelierhaus an der Hansastraße mit Besuchern stattfinden sollen – wegen Corona werden die Angebote nun rein digital umgesetzt und zum 21. August in Form einer Dokumentation veröffentlicht.

Im Vorfeld wird Alwina Heinz ein Webinar am 11. August von 19 bis 20.30 Uhr zum Thema „Demokratie leben“ geben (Anmeldung an alwina-heinz@gmx.de).

Auch die anderen Programmpunkte werden aufgezeichnet. Gisa Rosa wird mit einer Lesung in das Thema Demokratie einführen, Janne Gronen bietet Live-Performances „Op Platt“ an. Zudem wird es einen 3D-Rundgang durchs Atelier geben.

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