Vorkaufsrecht der Stadt Neuss Auswanderer wehren sich gegen Stadt
Rosellerheide · Die Verwaltung wollte ihr Vorkaufsrecht für ein Gartengrundstück in Rosellerheide durchsetzen, rückt aber nun doch wohl davon ab. Die „Fraktion jetzt“ will aus diesem Pokerspiel Konsequenzen ziehen.
Idyllisch gelegen und 590 Quadratmeter groß: Ein Teil des Gartens hinter dem Haus Neukirchener Straße 110 ist zum Zankapfel zwischen Frank und Eva Scholzen als Besitzern und der Verwaltung geworden. Denn nachdem das Ehepaar sein Häuschen samt Garten verkauft hatte, um damit die Kosten für seine Auswanderung und den Aufbau einer neuen Existenz in Costa Rica zu bestreiten, legte die Stadt ihre Hand auf den Teil der Fläche, der im möglichen Neubaugebiet „Am schwarzen Graben“ liegt. Vorkaufsrecht! Und ein Politikum.
Vom Ende her ist die Geschichte schnell erzählt. Nachdem der Hauptausschuss in seiner Junisitzung die Verwaltung ermächtigt hatte, sich mit dieser Möglichkeit näher zu beschäftigen, sollte es am 18. August in geheimer Sitzung dieses Gremiums darum gehen, ob Nägel mit Köpfen gemacht werden. Doch nun rät die Verwaltung, die doch den Anstoß dazu gegeben hatte, vom Kauf ab. „Aus Gründen äußerster Rechtssicherheit“, wie Marc Bohn von der Pressestelle erklärt. Denn die zunächst vorgetragene Begründung, um derart massiv in die Eigentumsrechte der Familie Scholzen einzugreifen, klingt auch für Nichtjuristen nicht (mehr) zwingend.
Ende vorigen Jahres hatte der Rat mehrheitlich etliche Satzungen beschlossen, mit denen er sich ein Vorkaufsrecht für potenzielle Wohnbauflächen einräumt. Begründung: So ließen sich städtebauliche Ziele absichern. Auch am schwarzen Graben hatte die Stadt Großes vor. Größeres zumindest, als eine Ratsmehrheit am Ende unterstützen wollte. Auch auf Druck der Bürgerinitiative „Schwarzer Graben muss Grün bleiben“ blieb von den Plänen nur noch übrig, was Ingeborg Arndt (Fraktion jetzt) eine „behutsame Nachverdichtung im Garten nennt“. Dafür brauche man das Instrument Vorkaufsrecht nicht mehr, argumentiert ihre Fraktion, die deshalb den Antrag stellt, die gerade erst beschlossene Satzung ganz zu verwerfen. Die Stadt stimmt insofern zu, dass sie mit dieser Begründung ihre Hand vom scholzschen Anwesen nimmt.
Für die – inzwischen ausgewanderten – Eheleute und die neuen Besitzer von Hausnummer 110 endet damit eine emotionale und wochenlange Achterbahnfahrt, bei der sie sich anwaltlicher Hilfe bedienten aber auch die Unterstützung der Bürgerinitiative fanden. Zurück bleibt davon – wenn es denn am 18. nicht doch noch anders kommt – vor allem die Erinnerung an einen Preispoker. Denn die Stadt wollte nicht den vom Käufer von Hausnummer 110 akzeptieren Preis für die Gartenparzelle zahlen, weil dieser, so Bohn, „den Verkehrswert überschreitet“. Ihr Gebot hätte ein sechsstelliges Minus in der Kasse der Auswanderer bedeutet.