Feld-Haus in Neuss Nostalgische Weihnachtsgrüße aus der Sammlung

Neuss · Anita Hachmann zeigt, dass die Ästhetik des 19. Jahrhunderts auch heute noch mit dem Weihnachtsfest verbunden ist. Und sie sagt, warum aus ihrer Sicht Weihnachtspost auf Papier auch heute noch so beliebt ist.

Nostalgische Weihnachtsgrüße aus der Neusser Feld-Haus-Sammlung
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Nostalgische Weihnachtsgrüße aus der Neusser Feld-Haus-Sammlung

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Foto: Martin Langenberg

Der Abend ist angebrochen: Auf den Dächern der Stadt liegt  Schnee, auch der Glockenturm ist in eine weiße Decke gehüllt, aus den Fenstern leuchtet warmes Licht. „Fröhliche Weihnachten“ ist in der Ecke der Postkarte zu lesen. Und auch wenn dieser Weihnachtsgruß bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Reisen ging, sind solche Darstellungen auch heute noch in der Weihnachtspost zu finden: „Die Winterlandschaft ist ein klassisches Motiv“, erzählt Anita Hachmann, stellvertretende Direktorin des Clemens-Sels-Museums. In den vergangenen Tagen hat sie in der Sammlung gestöbert. Neben Weihnachtsschmuck, Bilder- und Bastelbögen hat sie auch einige Weihnachtskarten aus dem 19. Jahrhundert entdeckt: Sie alle erzählen von einer Tradition, die selbst heute im Zeitalter der sozialen Medien noch gepflegt wird: Einen handgeschrieben Gruß zum Fest zu versenden.

Angefangen hat alles im 19. Jahrhundert: Durch den Massendruck wurden Postkarten erschwinglich, einige begannen, die verschiedenen Motive zu sammeln, für andere waren die Karten ein gern genutztes Kommunikationsmittel: „Anfangs gab es Diskussionen um die Wahrung des Briefgeheimnis, eine Postkarte konnte schließlich jeder lesen“, erzählt Hachmann. Dennoch setzte sich die Form durch: „Die Postkarte wurde zur SMS des 19. Jahrhunderts.“ In der Mitte des 19. Jahrhunderts nahm dann auch das Versenden von Weihnachtskarten seinen Anfang – die Ursprünge liegen in Großbritannien. „Auswanderer haben sie dann nach Amerika gebracht“, sagt Hachmann. Zwar wurden  auch einige Weihnachtskarten in Deutschland gefertigt, doch seien sie anfangs größtenteils nach Amerika exportiert worden.

 Anita Hachmann ist die stellvertretende Museumsdirektorin.

Anita Hachmann ist die stellvertretende Museumsdirektorin.

Foto: Andreas Woitschützke

Erst allmählich setzte sich der Brauch auch in Deutschland durch: Anita Hachmann zieht beispielhaft einen Papierbogen hervor: Darauf zu sehen ist ein Mann, der der Weihnachtsmann oder Knecht Ruprecht sein könnte. Mit einem Sack über der Schulter und einem Tannenbaum im Arm stapft er durch den Schnee.  „Glückwunsch zum frohen Weihnachtsfeste aus reiner Liebe und Verehrung“ ist auf der ersten Seite zu lesen. „Dabei handelt es sich um einen sogenannten Wunschbrief“, erzählt Hachmann. Schlägt man den Bogen auf, sind darin mehrere leere Blätter zu finden, die für einen Brief, Wünsche oder Gedichte genutzt werden können. In jenem Exemplar aus dem Jahr 1890  ist ein mehrstrophiges Gedicht enthalten.  „In der Zeit um den ersten Weltkrieg herum wurden diese Wunschbriefe insbesondere in der engeren Familie verteilt, während die Postkarte eher an Bekannte verschickt wurde“, erzählt Hachmann.

 Ein Gruß mit singendem Knaben aus den 1920er Jahren.

Ein Gruß mit singendem Knaben aus den 1920er Jahren.

Foto: Martin Langenberg

Ihr Blick fällt auf eine weitere Karte von 1880. Zwei Engel sind darauf zu sehen, im Hintergrund ragt ein Tannenzweig mit Glöckchen hervor, überschrieben ist sie mit „Stille Nacht, heilige Nacht.“ Auch solche Karten seien heute noch im Verkauf zu finden: „Es ist auffällig, dass die Ästhetik des 19. Jahrhunderts auch heute noch stark mit dem Weihnachtsfest verbunden wird“, sagt Hachmann.  Es spreche die gleichen Werte an, die auch heute noch besonders zur Weihnachtszeit aufkeimen: Das Bedürfnis nach Familie, Intimität – „ja vielleicht ist es die Sehnsucht nach einem Stückchen heile Welt“, sagt die stellvertretende Museumsdirektorin. So sei Weihnachten generell ein Fest der Nostalgie.

 Die Engel aus Raffaels „Sixtinischer Madonna“ sind heute noch beliebt.

Die Engel aus Raffaels „Sixtinischer Madonna“ sind heute noch beliebt.

Foto: Martin Langenberg

Eine weitere Karte zeigt die Sixtinische Madonna von Raffael: Heute haben sich besonders die beiden Engelchen am unteren Bildrand durchgesetzt. Ob auf Keksdosen, Servietten, Tischdecken oder Karten: Es gibt kaum einen Gegenstand, auf dem sie nicht zu finden sind. „Klassische Kunstkarten wie diese werden dagegen weniger häufig verschickt“, sagt Hachmann.

Warum die Weihnachtspost auch heute noch trotz anderer Kommunikationsmöglichkeiten so beliebt ist, erklärt sie sich so: „Zwischen all den Rechnungen im Briefkasten bekommt das Handgeschriebene zum Geburtstag oder zu Weihnachten einen ganz besonderen Wert.“

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