Neujahrskonzert in Neuss Mit „Rhein-Schätzen“ ins neue Jahr

Neuss · Die Deutsche Kammerakademie Neuss am Rhein sorgte in der Stadthalle für einen musikalischen Auftakt ins Jahr 2022. Moderator Daniel Finkernagel machte mehr als einmal deutlich, warum rheinisch für ihn linksrheinisch heißt.

 Beim Neujahrskonzert der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein präsentierte das symphonisch verstärkte Ensemble ein Programm voller „Rhein-Schätze“.

Beim Neujahrskonzert der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein präsentierte das symphonisch verstärkte Ensemble ein Programm voller „Rhein-Schätze“.

Foto: Andreas Woitschützke

„Rhein-Schätze“ präsentierte das Neujahrskonzert der Stadt Neuss. Schon der Philosoph Friedrich Schlegel war der Überzeugung: „Nirgends werden die Erinnerungen an das, was die Deutschen einst waren, und was sie sein könnten, so wach als am Rhein.“

Der WDR-Moderator Daniel Finkernagel, der einmal mehr ein Konzert der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein (DKN) mit Sachverstand und Humor begleitete, begrenzt das gerne auf den linken Rhein – zumindest, wenn er in Neuss ist. Dabei begann das Neujahrskonzert mit einer „Nacht in Venedig“ und der walzer-seligen Ouvertüre zur gleichnamigen Operette von Johann Strauß (Sohn). Die DKN, symphonisch deutlich vergrößert, zeigte sogleich, dass sie auch diese leichte Muse sicher beherrscht. Das gilt auch bei wenigen nicht passgenauen Einsätzen, wie vom Chefdirigenten Christoph Koncz gefordert.

Mit Johann Strauß (Vater) und seinem Walzer „Loreley-Rhein-Klänge“ ging es dann aber an den deutschen Strom.

Die Ouvertüre zur Oper „Les Fées du Rhin“ von Jacques Offenbach verleitete Daniel Finkernagel dazu, seine Vorliebe für den linken Rhein preiszugeben. Denn der Komponist, in Köln-Deutz geboren, „musste die Rheinseite wechseln, wenn aus ihm was werden sollte“. Jacques Offenbach ging 1833 nach Paris. In seiner romantischen Oper „Die Rheinnixen“ triumphiert die Liebe über den Krieg.

Ausgerechnet Richard Wagners Orchesterzwischenspiel vor dem ersten Aufzug der „Götterdämmerung“ folgte nun. Als „Siegfrieds Rheinfahrt“ ist es ein beliebtes eigenständiges Orchesterstück. Aber Wagner mochte den in Köln geborenen Franzosen überhaupt nicht. Er schrieb, Offenbach besäße „die Wärme des Düngerhaufens: auf ihm konnten sich alle Schweine Europas wälzen“ (in „Erinnerungen an Auber“). Grund für diesen Giftpfeil war, dass die Wiener Hofoper 1864 die Uraufführung seiner Oper „Tristan und Isolde“ absetzte und stattdessen Offenbachs „Rheinnixen“ uraufführte. Gleichwohl war „Siegfrieds Rheinfahrt“ ein spektakuläres Erlebnis mit Kontrabasstuba- und Harfenspiel.

Beide Instrumente wurden nach der Pause nicht mehr benötigt. Unabhängig davon war die DKN in ihrem eigentlichen Element und spielte die „Sinfonie Nr. 3 Es-Dur“ von Robert Schumann glänzend. Sie trägt den Titel „Rheinische Sinfonie“, weil Schumann im Jahr ihrer Komposition 1850 städtischer Musikdirektor in Düsseldorf wurde. Für Finkernagel erneut die verkehrte Rheinseite und er sprach von einem „Südbrücken-Syndrom“. Das rhythmisch markante Hauptthema des ersten Satzes fiel Schumann nämlich ein, als er, auf der Südbrücke stehend, „das erlösende linke Rheinufer bei Neuss sah“. Als Finkernagel noch die Konzertmeisterin Eva Stegemann bat, dieses Aha-Erlebnis zu intonieren, musste man ihm einfach glauben. Folglich müsste diese Sinfonie „Die Linksrheinische“ heißen.

Dessen ungeachtet spielte die DKN Schumanns bekannteste  Sinfonie zu zahlreichen Höhepunkten: Berauschend das vom Hörnerquartett eingeleitete Trio im „Scherzo“, der behutsame Beginn des langsamen Satzes, kontrastierend dazu der vierte archaisch anmutende Satz mit dem gesamten Instrumentarium einschließlich der drei Posaunen, die in einem sakralen Belchbläserchoral an das christliche Rheinland gemahnen, und schließlich ein heiter-lebhaftes Finale, Lebenslust pur: Darum ist es am Rhein so schön! Weil der Beifall  nicht enden wollte, gab es mit der Schnellpolka „Leichtes Blut“, von Johann Strauß (Sohn) für die Karnevalsrevue 1867 geschrieben, einen kleinen Trost für ein in Neuss abgesagtes Fest.

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