Neuss Neues Projekt hilft Drogenabhängigen
Neuss · Mit dem Projekt "Ambulant Betreutes Wohnen für Drogenabhängige" will die Drogenberatungsstelle Ex-Abhängige besser begleiten.
Kaum zu glauben, dass er eine harte Drogenlaufbahn hinter sich hat: Mirko* sieht gut aus. Der 32-Jährige ist leger, aber gepflegt gekleidet, die Haare sind akkurat geschnitten. Mirkos Blick ist sicher, seine Stimme ebenfalls. Doch was er zu erzählen hat, ist bedrückend. Über 14 Jahre lang war er schwer drogenabhängig. Mit 16 Jahren fing er mit Cannabis an, später gab nur noch Heroin den "Kick". Seit knapp zwei Jahren ist er drogenfrei. Und seit Anfang des Jahres ist er einer von drei sogenannten Klienten, die von der Jugend- und Drogenberatungsstelle Neuss (Drobs) im Rahmen des neuen Programms "Ambulant Betreutes Wohnen für Drogenabhängige" betreut werden.
"Durch die Erweiterung unseres Angebots als Drogenberatungsstelle um das betreute Wohnen erhalten drogenabhängige Menschen im Rhein-Kreis zusätzliche Unterstützung", erklärt Norbert Bläsing, Leiter der Einrichtung. Das neue Angebot richtet sich an Menschen, die im Rhein-Kreis wohnen, 21 Jahre oder älter sind, abstinent leben wollen und bereits selbstständig wohnen oder eine eigenständige Lebensführung anstreben. "Wir sind Brückenbauer", sagt Bläsing und erklärt weiter: "Viele Drogenabhängige sind nach einer Therapie voller Schwung und wollen ein neues Leben starten." Doch sobald der Alltag beginne, komme schnell eine depressive Stimmung auf. Grund: Viele haben den Alltag verlernt. Haushaltsführung, Freizeitaktivitäten, Jobsuche, soziale Kontakte, Behördengänge — wer jahrelang drogensüchtig war, kennt all das nicht mehr. Bläsing: "Das normale Leben kriegen nur wenige Drogenabhängige alleine hin." Hinzu komme, dass viele aus Problem- Familien stammen.
Halt in der Familie habe er immer gehabt, erzählt Mirko. Noch bis vor wenigen Monaten habe er bei seinen Eltern gewohnt. Seine Familie führt ein Restaurant. Mirko hat oft in der Küche geholfen. Und trotzdem lief vieles schief. "Ich hatte immer nur Party im Kopf", sagt er. In der Raucherecke auf dem Schulhof habe er mit Joints angefangen. "Ich wollte cool sein." Es dauerte nicht lange und er stieg auf Heroin um.
"Das ist oftmals eine Spirale, die sich dann immer weiter nach unten dreht", sagt die ihn betreuende Sozialarbeiterin Dorothee Craß. Der Absturz sei dann sicher. Einen Schulabschluss hat Mirko nicht, nach der neunten Klasse verließ er die Hauptschule. Er lebte nicht auf der Straße, hatte immer ein festes Zuhause. Doch um seine Sucht zu finanzieren, wurde er straffällig, saß in Untersuchungshaft. Mehrere Therapien scheiterten. Die letzte Entgiftung und stationäre Therapie waren erfolgreich.
Dass Mirko sein eigenes Leben langsam auf die Reihe bekommt, hat er auch Dorothee Craß zu verdanken. Im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens besucht sie Mirko zweimal die Woche. Dann besprechen sie gemeinsam, was anliegt. Craß gibt Ratschläge für Behördengänge, plant Freizeitaktivitäten oder hilft ihrem Schützling, Bewerbungen zu schreiben. Bislang läuft alles gut an. Mirko spielt begeistert Fußball. "Zweimal die Woche ist Training und am Wochenende ein Spiel." Seit einigen Monaten hat er eine feste Freundin. "Sie kommt nicht aus dem Drogenmilieu", erzählt er. "Sie hat Arbeit und das alles gibt mir auch Stabilität." Die Wohnung der beiden in einem etwas heruntergekommenen Mehrfamilienhaus ist zwar spärlich, aber modern möbliert und sauber. Mirko hat gelernt, sich um vieles selbst zu kümmern. Vor einiger Zeit wäre das undenkbar gewesen. Seine jüngste Bewerbung war auch erfolgreich: Seit einigen Tagen hat Mirko wieder Arbeit. Als Lagerarbeiter bei einer Zeitarbeitsfirma.
Info *Name geändert