Neuss Neuer Interessent für Whitesell-Brache

Neuss · Nach dem Aus in der Schraubenfabrik wird um eine Zukunft für den Komplex gerungen. Die Stadt und ein privater Interessent denken an die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft. Die Koalition hat Fragen zum Geschäft und will vertagen.

 1876 wurde die Fabrik Bauer & Schaurte auf der Furth gegründet, die 1926, als das Luftbild entstand, schon größter Arbeitgeber in Neuss war.

1876 wurde die Fabrik Bauer & Schaurte auf der Furth gegründet, die 1926, als das Luftbild entstand, schon größter Arbeitgeber in Neuss war.

Foto: Stadtarchiv Neuss

Nach der Whitesell-Pleite ufert das Ringen um die Zukunft des Schraubenfabrik-Geländes zum politischen Prestigeduell aus. Bürgermeister Reiner Breuer (SPD), der dem Rat kommenden Freitag erneut einen Kaufbeschluss vorlegen wird, um im Verwaltungsgebäude der Fabrik eine kommunale Zentrale Unterbringungseinrichtung für Flüchtline schaffen zu können, darf nicht mit einer Entscheidung rechnen. Denn CDU und Grüne haben umfangreichen Fragenkatalogen zu diesem Geschäft, die die Verwaltung im Rat beantworten soll, nun einen Antrag folgen lassen, der auf jeden Fall zu einer Vertagung führen muss.

In dieser Situation tritt mit Holger Hanisch ein weiterer Interessent auf. Der SPD-Stadtverordnete mit besten China-Kontakten hatte schon in der Phase der Whitesell-Insolvenz mit einem solventen Partner im Rücken über die Fortführung des Unternehmens verhandelt. Nun, wo nicht nur aus seiner Sicht jede industrielle Lösung erloschen ist, bleibe nur eine Entwicklung der Immobilie als sinnvolle Option. Das sei nicht sein Kerngeschäft, stellt der Jurist Hanisch klar, der über einen Kauf auch auf keinen Fall in Konkurrenz zur Stadt mit dem Insolvenzverwalter verhandeln würde. "Aber wenn der Rat partout nicht kaufen möchte, weil die Koalition Bürgermeister Reiner Breuer diesen Anfangserfolg nicht gönnt", sagt Hanisch, hätte er Interesse. "Noch ist nichts spruchreif", erklärt er, spricht aber schon mit einem Co-Investor und einer Bank. Ohne beide wäre sein Engagement ohnehin nicht vorstellbar.

Bürgermeister Breuer will im Whitesell-Gebäude mindestens 300 Flüchtlinge unterbringen, und das hält auch Hanisch für die beste Lösung. Käme er zum Zuge, würde er das Objekt zu diesem Zweck herrichten und der Stadt zur Miete anbieten. "Was die Koalition macht, ist wirtschaftlich, städtebaulich und politisch Quatsch", sagt Hanisch. Wenn CDU und Grüne diese Chance nicht ergreifen, müssten sie den Wählern klar machen, warum Turnhallen mit Flüchtlingen belegt werden. Und den Flüchtlingen auch.

Die Grünen, die zur Besichtigung der Liegenschaft eingeladen hatten und zu diesem Termin auch Vertreter aller anderen Ratsfraktionen antrafen, haben ihre danach noch offenen Fragen auf zwei Seiten zusammengestellt. Sie fragen nach der bestehenden Altlast im Boden, die durch den Kreis beobachtet wird, und der Sanierungsnotwendigkeit, wollen wissen, welche Kosten bei der Herrichtung der Liegenschaft als Flüchtlingsunterkunft entstehen, haben aber auch strategische Fragen formuliert. Zum Beispiel, ob für eine Refinanzierung Flächen - etwa an der Josefstraße - sofort weiterverkauft werden könnten. Oder welche Ideen die Verwaltung für die Firmenbrache hat, wenn dort einmal keine Flüchtlinge mehr leben. Die CDU wiederum hat ein besonderes Interesse an der Frage, wie der Kaufpreis von 3,5 Millionen Euro, den der Insolvenzverwalter fordert und den Breuer offenbar zu zahlen bereit ist, überhaupt zustande kommt.

In genau dieser Linie ist auch der gemeinsame Antrag von CDU und Grünen für die nächste Ratssitzung gehalten. Denn die Koalition will, dass der unabhängige Gutachterausschuss, der auch zur Ermittlung des Marktwertes für das Grundstück des Höffner-Möbelhauses eingeschaltet worden war, die 48.000 Quadratmeter große Liegenschaft taxiert. Und zwar nachdem die Altlasten "vollumfänglich erfasst worden sind". Dieses Gutachten, in dem auch Aussagen zu den Abrisskosten für die bestehende Bebauung inklusive zweier noch vorhandener Bunker erwartet werden, soll dem Rat vorgelegt werden. Darüber wird 2016 werden.

(-nau)
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