SPD zieht die Reißleine Neue Wege ohne Bodewig

SPD zieht die Reißleine · Von Frank Kirschstein Kurt Bodewig geht - zumindest als SPD-Chef im Rhein-Kreis. Bei der Bundestagswahl 2002 konnte er noch einen historischen Sieg im "schwarzen" Neuss feiern, jetzt gibt er sein Amt ab. Christian Thiel-Briesen soll übernehmen.

Von Frank Kirschstein Kurt Bodewig geht - zumindest als SPD-Chef im Rhein-Kreis. Bei der Bundestagswahl 2002 konnte er noch einen historischen Sieg im "schwarzen" Neuss feiern, jetzt gibt er sein Amt ab. Christian Thiel-Briesen soll übernehmen.

Bei der Landtagswahl durchgefallen und mit Blick auf die vorgezogene Bundestagswahl auf gutem Weg, nur noch als Außenseiter ins Rennen zu gehen, zieht die SPD die Reißleine. "Vor uns liegt ein langer Weg, der nur über die Basisarbeit führen kann", sagt SPD-Kreisgeschäftsführer Rainer Thiel nach einer um eine Woche vorgezogenen Sitzung des Unterbezirksvorstandes.

Das Ergebnis des Treffens, das am Mittwoch bis zum späten Abend dauerte: Christian Thiel-Briesen, 39 Jahre alt, Jurist und erst vor ein paar Tagen zum Vorsitzenden des SPD-Stadtverbandes Dormagen gewählt, soll neuer Chef der Sozialdemokraten im Rhein-Kreis werden. Der Vorschlag des Unterbezirksvorstandes fiel einstimmig aus - "mit ausdrücklicher Unterstützung", darauf legt Thiel-Briesen Wert, auch von (Noch)-Innenminister Dr. Fritz Behrens.

Der war nach dem Wahl-Fiasko selbst als Kandidat für den SPD-Spitzenjob im Kreis gehandelt worden. Behrens will sich jedoch auf sein Landtagsmandat konzentrieren und hat, so Thiel, bereits frühzeitig erklärt, für Parteiämter nicht zur Verfügung zu stehen.

Auch Bodewig begründet seinen Rückzug mit der jüngsten Wahlniederlage: "Es macht Sinn, jetzt einen Wechsel vorzunehmen. Wir müssen uns als Partei neu aufstellen, der Weg zu neuen Mehrheiten für die SPD wird über die Kommunen gehen."

Ein Weg, auf den sich die SPD im Rhein-Kreis offenbar lieber mit Thiel-Briesen machen möchte: "Bei allem Respekt - Kurt Bodewig ist ein Vollblut-Bundes-, aber kein ausgewiesener Kommunalpolitiker", sagt SPD-Kreisgeschäftsführer Thiel, der nicht damit rechnet, dass es Thiel-Briesen, der sich am 18. Juni bei einem Unterbezirksparteitag in der Erfthalle in Frimmersdorf zur Wahl stellen wird, mit einem Gegenkandidaten zu tun bekommen wird: "Natürlich darf jederzeit jemand kandidieren, aber dafür gibt es nach dem einstimmigen Vorstandsbeschluss keine Anzeichen."

Thiel-Briesen, seit zwei Jahren bereits einer der Stellvertreter Bodewigs, wirbt unterdessen mit dem Versprechen, die Partei wieder zusammenzuführen, um Unterstützung: "Neben dem Bundestagswahlkampf wird es meine Hauptaufgabe sein, alle Kräfte in der SPD zusammenzuführen." In der Vergangenheit hatten teils offen ausgetragene Macht- und Grabenkämpfe vor allem zwischen der SPD-Führung auf Kreisebene und in der Stadt Neuss die Partei an den Rand einer Zerreißprobe geführt.

Thiel-Briesen sagt von sich, dass er in diese Streitigkeiten nicht verwickelt gewesen sei. Integration, Sacharbeit, Offenheit sind seine Schlagwörter. Bleibt die Frage, ob der "Vollblut-Bundespolitiker" Bodewig im Herbst im Wahlkreis Dormagen, Grevenbroich, Neuss, in dem er 2002 - noch als Bundesverkehrsminister - einen historischen Sieg gegen Hermann Gröhe (CDU) erringen konnte, erneut in den Ring steigt.

Für den Unterbezirksvorstand ist die Sache klar: Einstimmig schlug er Bodewig und Bernd Scheelen MdB, der im Wahlkreis Kaarst, Jüchen, Meerbusch, Korschenbroich, Krefeld-Süd antreten soll, für eine erneute Kandidatur vor.

Behrens betont eigens die "vielen Erfolge", die Bodewig als Minister und Abgeordneter für den Kreis erreicht habe: "Wir brauchen ihn weiter als erfolgreichen Abgeordneten in Berlin."

Im Gegensatz zu Scheelen, der sofort nach der Neuwahl-Ankündigung durch Kanzler Gerhard Schröder, seine Bereitschaft zur Kandidatur bestätigte, lässt Kurt Bodewig die Gretchenfrage noch unbeantwortet - und bietet damit Raum für Spekulationen: Vor einer Entscheidung wolle er sich mit seiner Familie beraten. Bis zum Wochenende jedoch soll die Entscheidung stehen.

Die Zeit drängt: Am 18. Juni sollen beide Bundestagskandidaten politisch nominiert und dann am 23. Juni und 1. Juli - für diesen Termin mit Bernd Scheelen hat sich bereits Wirtschaftsminister Wolfgang Clement angesagt - bei Wahlkreiskonferenzen endgültig aufgestellt werden.

(NGZ)
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