Ehemalige Marie-Curie-Gymnasiastin Neue Generaldirektorin in Mainz kommt aus Neuss

Neuss · Die promovierte Archäologin Alexandra Busch ist nach 167 Jahren die erste Chefin des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz.

Weihnachten ist sie wieder da. Natürlich besucht Alexandra Busch an den Feiertagen ihre Familie in Neuss. Eltern, Geschwister und Neffen wohnen schließlich in der Stadt, und so kommt auch Busch immer wieder zurück. Obwohl doch die Arbeit in Mainz sie viel fordert. Die in Neuss aufgewachsene Archäologin ist gerade erst zum ersten weiblichen Direktor (nach 167 Jahren) des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz (RGZM) berufen worden. Das Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie steht vor einem Umzug, 2020 soll der rund 54 Millionen teure Neubau im Mainzer Hafen bezogen, 2021 die neue Dauerausstellung präsentiert werden.

Dass aus der früheren Marie-Curie-Gymnasiastin eine promovierte Archäologin (mit Professur an der Uni Mainz) wurde, ist nur auf den ersten Blick für eine gebürtige Neusserin schlüssig. Denn die römische Vergangenheit der Stadt steht keineswegs für die Initialzündung. Die schaffte ein Buch: „Götter, Gräber und Gelehrte“ von C.W. Ceram. Fünf Jahre war sie alt, als sie es geschenkt bekam: „Lesen konnte ich noch nicht“, sagt Busch, und sie weiß noch genau, wie sehr vor allem die vielen Illustrationen sie fasziniert hatten. Damit stand auch der Berufswunsch fest, wenngleich sie bei der Berufsberatung im Gymnasium vor dem eher brotlosen Leben gewarnt wurde. „So begann ich zwar in Gießen ein Psychologie-Studium, brach es aber schnell wieder ab, weil ich immer noch Archäologin werden wollte.“

Die Uni Köln war das erklärte Ziel, „aber weil das Semester schon angefangen hatte, musste ich die Zeit überbrücken und bewarb mich bei der Bodendenkmalpflege in Neuss“. Das klappte für ein ganzes Wintersemester, in dem sie mit Sabine Sauer und Michael Kaiser im alten Norfer Rathaus zusammenarbeitete. „Und Herr Kaiser hat mich auf die richtige Spur gebracht“ sagt Busch, „denn ich wollte ursprünglich klassische Archäologie studieren, er hatte mich auf das Fach Provinzialrömische Archäologie in Köln hingewiesen.“ Viele Jahre habe sie als studentische Hilfskraft weiterhin bei Sauer und Kaiser gearbeitet, etwa Grabungsdokumentationen in Allerheiligen oder in der Innenstadt gemacht.

So wurde aus ihr eine Fachfrau für die militärische römische Vergangenheit, was sie später nach Xanten („ich bin jeden Tag zwei Stunden von Neuss nach Xanten gefahren“), nach Rom und 2014 schließlich nach Mainz an das RGZM führte, wo sie Forschungsdirektorin wurde. Ist sie nun als Generaldirektorin am Ziel ihrer Wünsche, womöglich an ihrer beruflichen Endstation angekommen? Die Antwort klingt nicht unbedingt festlegend, aber hochspannend: „Ich werde mich die nächsten 24 Jahre hier nicht langweilen“, sagt die 43-Jährige, „denn wir befinden uns in einer hochdynamischen Phase.“

Und damit meint sie nicht nur den Umzug, sondern vor allem die wissenschaftliche Forschung. Auch wenn das für sie als Chefin weniger direkte Arbeit bedeutet, denn Impulse geben, Themen setzen, Überlegungen, wie man Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit verständlich machen kann – darin sieht sie vor allem ihre Aufgaben. „Es gibt nur zwei wichtige Forschungszentren für Archäologie in Deutschland“, sagt sie, „eines davon ist das RGZM.“

Ihr eigenes Bild von der Archäologie habe sich schließlich auch verändert, sagt sie. Von der kindlichen Vorstellung, tolle Entdeckungen zu machen, hin zu einer Wissenschaft, die sich mit dem Menschen befasst. „Mit menschlichem Handeln, der Entwicklung und Veränderung von Gesellschaften, Mensch-Umwelt-Beziehungen und nimmt dafür die materiellen Hinterlassenschaften des Menschen, also materielle Kultur in den Blick“, ergänzt sie. Und: „Archäologie ist keine Wissenschaft, die sich mit alten Töpfen beschäftigt, weil wir alte Töpfe so toll finden.“ Doch ohne Entdeckergeist gehe es nicht: „Man muss schon getrieben sein.“

Dass sie die erste Frau an der Spitze des Hauses mit rund 200 Mitarbeitern, vier Standorten und Forschungsstellen im In- und Ausland ist, freut Alexandra Busch – aber nur, „weil das heute möglich ist. Archäologie war immer ein männerdominiertes Fachgebiet, aber das bricht gerade auf.“

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