Neuss Neue Anlaufstelle für Burnout-Patienten

Neuss · Wer unter Burnout leidet, aber den Gang zum Psychiater noch scheut, soll künftig Hilfe im Burnout-Café Hilfe finden. Auch für Patienten soll die Einrichtung des St. Alexius/St. Josef Krankenhauses eine Anlaufstelle sein.

 Dr. Martin Köhne setzt sich für Burnout-Patienten ein.

Dr. Martin Köhne setzt sich für Burnout-Patienten ein.

Foto: woi (archiv)

Immer mehr Menschen fühlen sich ausgebrannt. Der Begriff "Burnout" ist längst geläufig, dennoch weitestgehend ein Tabu-Thema. Denn Betroffene gestehen sich ungern ein, dass sie den privaten oder beruflichen Stress nicht mehr bewältigen können. Am Ende drohen totale Erschöpfung und Vereinsamung. Das Krankenhaus St. Alexius/St. Josef will für Betroffene nun eine Anlaufstelle schaffen: In Kooperation mit der Initiative für gesundes Leistungsklima (IFGL) eröffnet sie am morgigen Mittwoch ein "Burnout-Café" — ein niedrigschwelliges Angebot zur Information und Unterstützung.

"Das ist in dieser Form bisher einmalig im Rheinland", sagt Dr. Martin Köhne, Ärztlicher Direktor am St. Alexius/St. Josef über das Café, das im Neusser Netzwerk an der Oberstraße eröffnet wird. Weil die Wissenschaft immer noch darüber streitet, gelte Burnout offiziell nicht als Krankheit. "Wir diagnostizieren in den meisten Fällen eine Depression", sagt Dr. Köhne. Symptome können Angstzuständige, tagsüber Müdigkeit und dennoch nachts Schlaflosigkeit oder chronische Rückenschmerzen sein.

Das Burnout-Café soll Betroffenen erste Hilfe anbieten, wenn sie ihren Zustand erkennen, aber den Schritt zum Psychiater noch nicht gehen möchten. Ebenso erhalten dort Angehörige und Freunde Informationen, um die Anzeichen besser zu erkennen. Die IFGL-Trainer Beate Mies und Thomas Grünschläger leiten den monatlichen Treffpunkt. "Mit kleinen Übungen möchten wir ein Stück weit die Leute aus der Beschleunigung herausholen und jedes Mal über ein spezielles Thema sprechen", sagt Thomas Grünschläger.

Beim ersten Café wird über Werte gesprochen. Die Fragestellungen lauten: Welche Werte gibt es überhaupt? Wo soll mein Leben hinführen? Wonach renne ich hinterher? Die Besucher können offen über ihre Probleme sprechen, es besteht aber auch die Möglichkeit, sich für ein Gespräch unter vier Augen zurückzuziehen.

Die Veranstalter wünschen sich, dass auch Unternehmer den Weg ins Café finden. "Die Zeit der Behauptung, die Betriebe seien nicht schuld am Burnout, sind vorbei", sagt Thomas Grünschläger. "Solange wir in einer Leistungsgesellschaft leben, gehen die eigenen Ansprüche unter und man kommt aus dieser Spirale nicht heraus", so der IFGL-Dozent. Die zunehmende Verbreitung von Burnout sei auch den veränderten sozialen Strukturen geschuldet. "Es gibt immer mehr Alleinstehende und bei Problemen fängt dann niemand einen zu Hause auf", sagt Köhne. Das Bewusstsein dafür werde in den Unternehmen zunehmend stärker.

Krankenhaus und IFGL möchten für den Rhein-Kreis und Düsseldorf ein Netz gegen Burnout aufbauen, um präventive Hilfe in Betrieben auszubauen. Bei einer ersten Anfrage meldeten bereits 25 mittelständische Unternehmen und Behörden ihr Interesse an. "Das Café ist ein Baustein und das Leuchtturmprojekt des Netzwerks", sagt Köhne. Beim Bundesministerium für Bildung und Forschung haben sie sich damit für eine Studie beworben, um Fördergelder zu bekommen. Aber auch ohne Zuschuss möchten beide Seiten das Netzwerk gründen.

(NGZ/rl)
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