Neuss Napp lädt zu Gegen-Vortrag über Nahost ein

Neuss · Zeitgleich zur Ausstellungseröffnung "Haft ohne Anklage" aus pro-palästinensischer Sicht in der Nahost-Reihe der VHS findet im Romaneum ein Vortrag eines Antisemitismus-Experten statt. Eingeladen dazu hat Bürgermeister Napp.

 Ein Mahnmal des Nahost-Konflikts: Mauer und Wachtürme trennen in Bethlehem die Menschen. Auf der einen Seite leben die Israelis, auf der anderen Seite die Palästinenser.

Ein Mahnmal des Nahost-Konflikts: Mauer und Wachtürme trennen in Bethlehem die Menschen. Auf der einen Seite leben die Israelis, auf der anderen Seite die Palästinenser.

Foto: Rolf Hoppe

Am kommenden Montag beginnt um 18 Uhr eine Veranstaltung, die innerhalb der wiederhergestellten Nahost-Reihe der VHS sicher zu den umstrittensten gehört. Die Ausstellung "Haft ohne Anklage" thematisiert die sogenannte Administrativhaft für Palästinenser und wird mit einem Vortrag der Ausstellungsmacherin und Politikwissenschaftlerin Nora Demirbilek eröffnet. Hinter der Schau steht der Verein Handala Marburg, dem eine antiisrealische Haltung vorgeworfen wird.

Sozusagen als Gegenentwurf zu den Thesen der Ausstellung gibt es im Romaneum ebenfalls um 18 Uhr einen Vortrag des Geisteswissenschaftlers Felix Riedel, der die Absicht und den Namen des Marburger Vereins analysiert. Handala ist der Name einer palästinensischen Comic-Figur von 1969, die heute als Symbol für die palästinensische Sache gilt. In der Realität ist Handala eine Wüstenpflanze, bitter und mit starken Wurzeln.

Zu Riedels Vortrag lädt nicht die VHS, sondern Bürgermeister Herbert Napp in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Düsseldorf ein. Napp, der ohnehin in einer ersten Reaktion auf die Kritik an der pro-palästinensischen Ausrichtung der VHS-Reihe ihre Aussetzung verfügt hatte (sein Entschluss wurde vom Kulturausschuss korrigiert), hat selbst zu Handala recherchiert, wie er sagt. Und dabei festgestellt, dass es sich um eine "außerordentlich schwierige Vereinigung handelt". Er habe es für seine Pflicht gehalten, dies auch deutlich zu machen und jemanden gesucht, der dazu etwas sagen könne. Mit Hilfe von Michael Szentei-Heise, dem Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, sei Felix Riedel ins Spiel gekommen. Der Ethnologe gilt als Friedensforscher und Spezialist für Antisemitismusforschung. Ort und Zeit für seinen Vortrag über " Das Israelbild der Gruppe Handala Marburg" wurden bewusst parallel zur Ausstellungseröffnung im Romaneum gewählt. Die Neusserin Dagmar Kann-Coomann wird den Vortrag moderieren, Napp wird voraussichtlich an der Veranstaltung teilnehmen. Dass er als Gastgeber agiert, so erklärt Napp, habe auch mit dem öffentlichen Veranstaltungsraum und der Kürze der Zeit zu tun.

Den Kulturausschuss will er in der heutigen Sitzung persönlich informieren. Dabei geht es ihm dann auch um eine geplante Türkei-Reihe der VHS, die sich vor allem mit dem Genozid an den Armeniern beschäftigt. Auch in dem Fall sieht Napp eine Unausgewogenheit und sich in der Pflicht, das bisher gute Verhältnis zu türkischen Vereinen in Neuss nicht zu belasten. In einem Schreiben an VHS-Leiter Gerhard Heide haben Vertreter der Vereine beim Vortrag "Der Genozid an den Armeniern. Nebenschauplatz des Ersten Weltkriegs" eine "einseitige Darstellung", die sich schon im Titel zeige, kritisiert. Sie schlagen vor, dass stattdessen eine öffentliche Diskussion mit einem "Kenner der Materie, den wir vorschlagen wollen", und einem von der VHS benannten Fachmann stattfindet. Dabei wird ausdrücklich betont: "Wir haben überhaupt nichts dagegen, dass diese wichtigen Ereignisse von der VHS Neuss thematisiert werden." Darin sieht Napp eine "erfreuliche Entfernung von der offiziellen Linie der Türkei", möchte das auch honorieren und den Vorschlag aufnehmen. Zudem will Napp im Ausschuss deutlich machen, dass ihm grundsätzlich im politischen Bildungsprogramm der VHS ein "gewisse Ausgewogenheit fehlt".

(NGZ)
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