Neuss Mittagstisch im Mittelalter

Neuss · Welchen kulinarischen Herausforderungen mussten sich die Menschen vor Jahrhunderten stellen? Und was stand überhaupt auf dem Speiseplan? Das erklärte der Archäologe Jost Auler jetzt im Clemens-Sels-Museum.

 Der Dormagener Jost Auler ist eigentlich Prähistoriker, eines seiner Spezialgebiete ist aber allgemein die Ernährung in der Vergangenheit. Nun ließ er Interessierten im Clemens-Sels-Museum an seinem Wissen teilhaben.

Der Dormagener Jost Auler ist eigentlich Prähistoriker, eines seiner Spezialgebiete ist aber allgemein die Ernährung in der Vergangenheit. Nun ließ er Interessierten im Clemens-Sels-Museum an seinem Wissen teilhaben.

Foto: Woitschützke

Bei der Erklärung musste Jost Auler lachen. "Das Mittelalter war das Zeitalter des Brei-Essens - und der war weder schmackhaft noch was fürs Auge", sagte der Archäologe. Bei seiner Führung ging es im Clemens-Sels-Museum rund um die Ernährung der Neusser im Mittelalter. Diese erklärte er den Besuchern besonders anschaulich mit Hilfe einiger der im Obertor ausgestellten Fundstücke, die auch aus dem Neusser Stadtgebiet stammen. Der Dormagener ist eigentlich Prähistoriker, eines seiner Spezialgebiete ist aber allgemein die Ernährung in der Vergangenheit.

"Gekocht wurde auf einer sogenannten Kochstelle", so Auler. Diese war mit Steinen ausgelegt und hatte einen Rauchabzug, wie er den Besuchern an einem Nachbau im Museum zeigte. Das Essen wurde darauf in Kugeltöpfen zubereitet. "Der Vorteil war, dass sie keine Ecken hatten und so nichts anbrennen konnte", so Auler.

Schüsseln und Löffel seien im Mittelalter bei der einfachen Bevölkerung meist aus Holz gewesen. "Das war das billigste Material", erklärte Auler. Teller habe es nur beim Adel gegeben. Gebratenes Fleisch wurde stattdessen auf ein sogenanntes Tellerbrot gelegt und gegessen. Auch Messerfragmente zeigte Auler den Besuchern. "Gabeln gab es aber nicht", sagte er. Sie seien ein Symbol des Teufels gewesen. "Reste vom Essen sind für uns heute ganz wichtige Spuren", sagte der Archäologe. Neben Muschelschalen, Schnecken und Schweineknochen sind auch Fischgräten gefunden worden. "Der Fisch hatte eine besondere Bedeutung", so Auler. Weil in der Fastenzeit kein Fleisch gegessen werden durfte, hätten die Menschen kurzerhand beschlossen, dass Fisch kein Fleisch sei und diesen trotzdem gegessen. "Knochen waren aber nicht nur Abfall", erklärte er. So seien daraus beispielsweise Perlen für Rosenkränze hergestellt worden. Ein ausgestellter Knochen wurde sogar als Kufe für Schlittschuhe verwendet.

Zu Trinken gab es im Mittelalter kein Wasser, weil sich das Brunnenwasser mit dem Abwasser der Latrinen vermischt hätte. "Die Leute hätten gerne Wein getrunken. Den konnten sie sich aber nicht leisten", so Auler. Stattdessen hätten sie ein dunkles und trübes Bier gebraut, bei dem Gargel statt Hopfen verwendet wurde. Weil das Bier kaum Alkohol enthalten habe, hätten es sogar Kinder trinken dürfen.

Zu den Besuchern der Führung gehörten Rainer Hellendahl und seine beiden Söhne. Während sich der 14-jährige David besonders für die Schlittschuhe interessierte, fand sein Zwillingsbruder Simon die Bierbrauerei spannend. Die Stadt lag im Mittelalter direkt am Rhein, daher habe es zahlreiche Wassermühlen gegeben, so Auler. In diesen wurde unter anderem Leinöl gewerblich hergestellt. "Das war ein wichtiges Exportgut und ein richtiger Verkaufsschlager", sagte er. Besonders wichtig für die Stadt seien auch die Neusser Kuchen gewesen. In dieses mit Honig gesüßte Gebäck wurde ein Bild eingestanzt.

Das Essen für die normale Bevölkerung sei damals aber nicht sehr abwechslungsreich gewesen. "Das Gemüse wurde in der Regel zerkocht. Zu dem Brei gab es dann steinhartes Brot. Das war bestimmt kein Vergnügen", erklärte Auler.

(NGZ)
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