Internationale Tanzwochen Neuss Tanz in einer eigenwilligen Sprache

Neuss · Die Tänzer der Michael Clark Company überzeugen in der Stadthalle mit großer Präzision.

 Mit großer Präzision setzen die Tänzer der Michael Clark Company aus London die Choreographien ihres Chefs um.

Mit großer Präzision setzen die Tänzer der Michael Clark Company aus London die Choreographien ihres Chefs um.

Foto: Hugo Glendenning

Zum Saisonauftakt der Internationalen Tanzwochen Neuss gastierte die auf der ganzen Welt gefeierte Michael Clark Company in der Stadthalle. Mit seiner formalen Strenge spiegelte das dreiteilige Ballett „To a simple Rock ´n´Roll....Song“ die eigenwillige Bild- und Musiksprache und den typischen Tanzstil des schottischen Choreografen (56), der seine Ausbildung an der Royal Ballet School in London erhielt.

Im ersten Akt begleitet das Klavierstück „Ogives No 1-4“ des französischen Komponisten Eric Satie die acht Tänzerinnen und Tänzer. Sehr langsam, wie in Zeitlupe, heben sie zum harten Anschlag des Pianos Arme und Beine. Sie kippen in aberwitzige Schräglagen, schwingen sich wie Vögel durch den Raum. Dann wieder verharren sie und halten statisch ihre Position. Welche enorme Körperbeherrschung das kostet, verdeutlicht sich durch einige kleine Wackler im ansonsten perfekten Gefüge.

Es passiert eigentlich nicht viel in diesen 20 Minuten. Und doch schaut man dem eleganten und in großer Ruhe zelebrierten Gleichklang aus gemessenen Schritten, abgezirkelten Bewegungen und beeindruckender Körperarchitektur gebannt zu.

Der zweite kurze Akt zur ungestüm drängenden Musik von Patti Smith ist ein einziges Aufbäumen. Ein mitreißendes Paradebeispiel für die wilde Mischung aus Ballett und Punkrock, die den Schotten Michael Clark in den 80er-Jahren berühmt machte. Es scheint, als hätte man für „Horse Power“ die Kompagnie bei gleichem Gebärdenspiel mal eben auf doppelte Geschwindigkeit gepolt. Dabei flirrt und zuckt im Hintergrund die schwarz-weiße Video-Installation „Painting by Numbers“ von Charles Atlas.

Der irritierende Strudel aus Kreisen und endlosen Zahlenkaskaden dominiert allerdings so stark, dass er die Tänzer mit ihren kunstvollen Verhakungen zeitweise verschluckt. Am Ende münden die hämmernden Rhythmen des hypnotischen Spektakels in einen lauten Schrei.

 Nach der Pause sind die Erwartungen hoch. Der dritte Akt kündigt eine Hommage an David Bowie an. Das Ballett „My Mother, my Dog and Clowns!“ verbindet fünf Bowie-Songs, darunter „Blackstar“ aus dem letzten Album des 2016 verstorbenen Popstars. Auch dabei zeigen die Tänzer wieder ihre beeindruckende Präzision. In ihren spacigen Metallic-Anzügen wirken sie wie Abgesandte aus fremden Welten. Marionetten ohne Schnüre, bisweilen roboterhaft auf den Knien robbend, dann wieder ausschreitend oder in der Bewegung verweilend.

Dazwischen bahnt sich eine Tänzerin mit Augenbinde ihren Weg, die einzige auf Spitzenschuhen. Auch eine Hohepriesterin in Schwarz, das Haupt verhüllt, geistert über die Bühne. Starke visuelle Eindrücke, ohne Zweifel. Raffinierte Lichteffekte, schillernde Kostüme, fulminante Bewegungen.

Aber woran mag es liegen, dass sich trotz der soghaften Musik eine gewisse Monotonie einstellt? Die konsequent durchgezogene Ausdrucksform der Michael Clark Company birgt die Gefahr, dass sie auf Dauer allzu gleichförmig wirkt.

Nun ist man als Zuschauer über die Jahre verwöhnt von den vielen Glanzlichtern bei der Internationalen Tanzwochen in der Stadthalle. Deshalb vielleicht bleibt selbst dieses meisterhafte Ballett aus London wohl etwas weniger intensiv haften als manches andere.

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