Neuss Merkels Welterklärer aus Neuss geht zur UN

Neuss · Seit 2005 ist der Neusser Christoph Heusgen Chefdiplomat der Kanzlerin. Im Herbst wird er Berlin verlassen und neuer deutscher UN-Botschafter in New York. Doch Zeit fürs Schützenfest wird er sich nehmen - wie seit mehr als 35 Jahren.

 Christoph Heusgen marschiert im Zug "Nur so".

Christoph Heusgen marschiert im Zug "Nur so".

Foto: Berns Lothar

Sein Arbeitsfeld ist die Welt, sein Schreibtisch steht in Berlin und schon bald in New York: Doch offenbar gelingt für ihn Weltpolitik ebenso gut in der Provinz, wo er zu dem von ihm geliebten Neusser Schützenfest regelmäßig die Botschafter der Weltmächte USA, China, Frankreich oder Großbritannien trifft. Den Neusser Termin Ende August ("Das ist das wichtigste Datum im Jahr", O-Ton Heusgen) hat er im Kalender geblockt, doch in den Tagen davor und danach wird Christoph Heusgen mit seinem Umzug beschäftigt sein: Er wechselt im Herbst 2017 als deutscher Botschafter zu den Vereinten Nationen. Das sei beschlossene Sache, so wird zumindest in Berlin gesagt.

 Diskreter Welterklärer seiner Chefin: Christoph Heusgen, seit 2005 außen- und sicherheitspolitischer Berater von Bundeskanzlerin Merkel.

Diskreter Welterklärer seiner Chefin: Christoph Heusgen, seit 2005 außen- und sicherheitspolitischer Berater von Bundeskanzlerin Merkel.

Foto: dpa, woi

Auf der Zielgeraden seiner Laufbahn - im März wird Heusgen 62 Jahre alt - wünscht sich Merkels Chefdiplomat, so scheint es, eine neue berufliche Herausforderung - und dazu noch ein Leben in einer einer der spannendsten Metropolen der Welt. Wenn er in zeitlicher Nähe zu den Bundestagswahlen im Oktober das Kanzleramt verlässt, dann wird er dort zwölf Jahre tätig gewesen sein; so lange wie kein außen- und sicherheitspolitischer Berater eines Regierungschefs der Bundesrepublik Deutschland vor ihm. Auch der legendäre Kohl-Berater Horst Teltschik nicht. Seit 2005 leitet der Neusser die "Abteilung 2" im Kanzleramt, die für außen- und sicherheitspolitische Fragen zuständig ist. Auch die Entwicklungspolitik gehört zu diesem Ressort. In diesen Jahren stieg der diskrete Heusgen, der bescheiden in der zweiten Reihe bleibt, zu einem der engsten Berater von Angela Merkel auf. Er gibt keine Interviews. Allenfalls für Hintergrundgespräche steht er zur Verfügung.

Merkels Neusser Mann, der es - so ist in Berlin zu hören - auch gut mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kann, reist mit einem speziellen Auftrag nach New York: Deutschland bewirbt sich um einen der auf zwei Jahre (2019/20) befristeten Sitze im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der salopp schon mal als "Weltregierung" bezeichnet wird und dessen ständige Mitglieder die so genannten Vetomächte China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA sind. Die Entscheidung über die deutsche Bewerbung wird in der zweiten Jahreshälfte 2018 erwartet; erwartet wird auch, dass Heusgens Kontakte, die er während seiner langen Amtszeit im Kanzleramt zu den Regierungen rund um den Erdball geknüpft hat, bei der Abstimmung hilfreich sind.

Christoph Heusgen geht im Range eines Botschafters als Ständiger Vertreter nach New York. Dort am Hudson River wird es dann aber wohl nicht zu einer "Doppelspitze" aus dem Rhein-Kreis Neuss kommen. Der aus Kaarst stammende Heiko Thoms, der seit 2013 Stellvertreter von UN-Botschafter Harald Braun ist, wird dann wohl angesichts seiner langen Dienstzeit bei den Vereinten Nationen eine neue Aufgabe übertragen bekommen. Am Ende seiner Zeit in New York wird Christoph Heusgen nach dem Beamtenrecht die Altersgrenze erreicht haben und in den Ruhestand wechseln. Im Freundeskreis lässt er schon einmal Hinweise auf seine Lebensplanung für die "Zeit danach" fallen. Seine besondere Beziehung zu Neuss bleibe sicherlich bestehen, aber der Lebensmittelpunkt für seine Familie und sich sehe er "in erster Linie in Berlin".

Vor 61 Jahren wurde Christoph Heusgen in eine angesehene Neusser Apotheker-Familie hinein geboren. Am Quirinus-Gymnasium machte er sein Abitur. Sein Wirtschaftsstudium schloss er in St. Gallen mit der Promotion ab; trat in den Dienst des Auswärtigen Amtes. Er arbeitete für Außenminister Klaus Kinkel und von 1999 bis 2005 für Javier Solana in Brüssel, ehe er nach Berlin wechselte. Jetzt wird New York seine nächste Station.

(-lue)
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