Serie Countdown - Noch Elf Tage Bis Zur Wiedereröffnung Des Clemens-Sels-Museum Maske wie aus dem römischen Theater

Neuss · Der Archäologe des Clemens-Sels-Museum, Carl Pause, hat eine römische Theatermaske rekonstruieren lassen. Sie ist wie im Original aus Ton gemacht, aber nicht bemalt. Die Masken repräsentierten einen bestimmten Menschentyp.

Serie Countdown - Noch Elf Tage Bis Zur Wiedereröffnung Des Clemens-Sels-Museum: Maske wie aus dem römischen Theater
Foto: Berns, Lothar (lber)

Neuss Die lange Nase, der mit spitzen Zähnen bestückte Mund, die kugelrunden Augenlöcher: Wer beim Anblick der Maske an Hexentreiben auf dem Brocken denkt - liegt falsch. Die Maske mit dem grotesken Gesichtszügen stammt aus der Römerzeit. Maskenfragmente unter den zahlreichen Fundstücken, die immer wieder in Neuss als Zeugen für die Existenz des römischen Legionärslagers Novaesium auftauchen, weisen darauf hin, dass es auch in einem militärischen Lager ein Theaterleben gegeben hat.

"Na ja", Carl Pause, Archäologe des Clemens-Sels-Museums, windet sich ein bisschen. "Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass es bei einem Lager dieser Größe auch irgendwo ein Theater gegeben hat", sagt er und ergänzt: "Vermutlich außerhalb und aus Holz." Aber die Maske, die er in der Hand hält und einer der jüngster Zugänge im Museum ist, könnte auch einfach Wanddeko sein. Neuere Forschungen hätten nämlich gezeigt, dass Theatermasken oft auch von Römern im eigenen Zuhause ausgestellt wurden: "Damit hat man auch gezeigt, dass man zu den gebildeteten Bürgern gehört", sagt Pause schmunzelnd.

Ob also die Neusser Maske mal auf einer Bühne eine Rolle gespielt hat oder nur als Deko an einer Wohnzimmerwand hing, bleibt ein Geheimnis. Wie überhaupt auch der Umstand, ob und - wenn ja - wo im römischen Novaesium eine Bühne gestanden hat. Entsprechende Fundstücke gibt es nicht - was Pause allerdings nicht wundert, denn römische Theater waren selten gemauert, sondern wurden aus Holz gebaut, einem Material also, das über die Jahrhunderte verrottete.

Mit Hilfe etlicher Vorlagen - unter anderem Fotos rekonstruierter römischer Masken und Abbildungen der Neusser Fragmente - hat er die Keramik- und Porzellan-Designerin Anneclaer Bours-Bergau beauftragt, eine Maske aus Ton zu fertigen. Die in Xanten arbeitende Fachfrau hat sich auf römische Keramik spezialisiert und weiß auch, dass es komplett erhaltene Masken aus der Römerzeit nicht gibt. Aber sie hat sie aus Ton modelliert - wie schon die Römer, denn auch die haben sich einst der Quellen der Region bedient. Fast einen Monat, so erzählt sie, hat sie an der Herstellung gearbeitet. Ohnehin ist ein Auftrag wie dieser für sie eher selten: "In der Regel rekonstruiere ich römische Gebrauchskeramik", sagt sie. Für die Maske hat sie ein Model gebaut, eine Negativform, mit deren Hilfe sich jederzeit weitere Exemplare gießen lassen. Nase, Mund und Ohren bekam das Gesicht erst im zweiten Arbeitsgang nach dem Gießen, Phantasieprodukte sind sie dennoch nicht.

Welche Figur die Maske einst getragen hat, lässt sich heute kaum sagen. "Es ist auf jeden Fall eine Groteskmaske", sagt Carl Pause, passt also am ehesten zu einer Komödie, die bei den Römern unter den Namen Mimus (sizilianischen Ursprungs) oder Atellane bekannt war. Meistens handelte es sich um recht derbe Lustspiele, die nicht immer eine konkrete Handlung hatten. Aber Masken wurden nur von den Atellane-Darstellern getragen. Die "mimi", Darsteller der Mimus, arbeiteten mit Sprache und auch Tanz.

Die Spielschar der Atallane setzte sich dagegen aus bestimmten Typen zusammen, die sich auch in den Masken spiegelten. Es gab den Dummen, den Lüstling, den Maulheld, den Bauernschlauen. Da aber die Masken weder beschriftet waren noch Beschreibungen überliefert sind, bleibt es Spekulation, welche Maske welchem Typ zugeordnet werden muss. Aus Farbresten auf den Neusser Maskenfragmenten weiß Carl Pause aber: "Sie waren bunt bemalt."

Schauspieler zu sein, war schon damals ein hartes Brot. Das Ansehen war nicht besonders groß, Frauen durften überhaupt nicht auf die Bühne. Schauspielerei war kein Beruf für einen Bürger, sondern für Sklaven oder Angehörige der unteren Schicht, die meistens auch nicht sonderlich gut bezahlt wurden. Sie gehörten in der Regel einer reisenden Truppe, deren Chef übrigens dominus gregis, "Eigentümer der Herde" genannt wurde.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort