Klosteranlage Pater aus Neuss als Krisenmanager in Maria Laach

Neuss · Pater Andreas – Martin Werner – ist Teil einer Gemeinschaft von Suchenden. Seit Mai 2016 ist er Prior-Administrator des Klosters.

 Pater Andreas vor der Klosteranlage Maria Laach.

Pater Andreas vor der Klosteranlage Maria Laach.

Foto: Klaus Göntzsche

Auf einer Bank am Brunnen auf der Drususallee hat Martin Werner aus Neuss im November 1974 seiner Freundin die Botschaft überbracht, in ein Kloster gehen zu wollen. Es traf sie wie ein Schock. Seine Eltern und die vier Geschwister reagierten damals zwar ebenso überrascht, aber gelassener. Ende April 1975 trat Martin Werner in die Benediktinerabtei St. Joseph zu Gerleve im Münsterland ein. Heute ist der mittlerweile 66-jährige Pater Andreas seit dem 11. Mai 2016 als Prior-Administrator des Klosters Maria Laach in der Eifel tätig.

Das ist eine sehr spezielle Aufgabe; man könnte es weltlich auch als Krisenmanagement in einer schwierigen Zeit der 900-jährigen Geschichte des Klosters Maria Laach bezeichnen. Es kam dort im September 2014 nicht zur Wiederwahl des seit dem Jahre 2002 tätigen Abtes Benedikt Müntnich. Der Priester mit dem Abitur am Erzbischöflichen Gymnasium Marianum in Neuss führte den Orden wirtschaftlich aus schwersten Zeiten, stabilisierte die Finanzen und öffnete das Kloster zunehmend nach außen. Der von vielen älteren Brüdern geprägte Konvent geriet aus der Balance und als schließlich keine Mehrheit für Abt Benedikt zustande kam, trat er nicht mehr an. Für drei Jahre verließ er das Kloster, um als Spiritual zu wirken. Weil man sich auf keinen neuen Abt einigen konnte, wurde ein Prior für drei Jahre gewählt. Er bat nach knapp zwei Jahren um die Entpflichtung von seinem Amt.

Aufgrund einer besonderen Vollmacht des Vatikans ernannte daraufhin der Abtpräses der Beuroner Kongregation (zu dem neben 17 Klöstern in Deutschland, Österreich, Italien und Dänemark auch Maria Laach gehört) einen Prior-Administrator (mit allen Rechten und Pflichten eines Abtes). So traf der Ruf Pater Andreas Werner. Er sagt heute: „Es kamen nicht sehr viele Brüder dafür infrage. Es lief auf mich zu. Mir ist es schwer gefallen, mein geliebtes Kloster Gerleve zu verlassen. Und ich habe den gesamten Verantwortungsbereich in Maria Laach unterschätzt. Es gab durchaus zeitweise bei mir Gedanken, die Koffer zu packen und nach Gerleve zurückzukehren.“ Die Vereinigung der Benediktiner zu Maria Laach wird als eingetragener Verein betrieben, dazu gehören zwölf verschiedene Wirtschaftsbetriebe mit circa 250 Mitarbeitern: ein Verlag, das Seehotel, die Gaststätte, die Gärtnerei, die Kunstschmiede, die Töpferei und vieles mehr. Die See- und die Landwirtschaft sind verpachtet. Pater Andreas ist in diesem Verein der Vorsitzende, das Management der zwölf Betriebe liegt in den Händen des kaufmännischen Leiters Thomas Schäfer. Aber es geht am Ende nichts ohne die Unterschrift des Mannes, der in Salzburg und Rom studiert hat und 1981 in Gerleve zum Priester geweiht wurde. Kurz danach hat er übrigens seine ehemalige Freundin noch einmal getroffen.

Martin Werner, im Kloster Pater Andreas, wuchs in Neuss mit vier Geschwistern auf; sein Vater Rudolf Werner betrieb im Elbo-Haus am Marktplatz ein Samenfachgeschäft. Nach dem Besuch der Weingart-Volksschule und dem Abitur in Steinfeld / Eifel erging es ihm wie unzähligen anderen jungen Menschen damals und heute: „Ich wusste nicht, was ich werden wollte. Deshalb bin ich zur Bundeswehr gegangen und habe mir die Marine gezielt ausgesucht.“ Er wurde Funker auf einem Schnellboot am Standort Olpenitz an der Ostsee. Aber auch diese Phase brachte außer der Zuneigung zum Wasser keine Lösung für das künftige Leben. Während seines Archäologie-Studiums in Hamburg und Bonn klärte sich die Berufsfrage immer noch nicht endgültig.

Es war am Tag vor Buß-und Bettag im November 1974. Martin Werner, damals 23 Jahre alt, machte sich auf den Weg in der Nähe seiner Studentenbude in Bonn-Duisdorf. „Da war mir plötzlich und für mich völlig überraschend klar, was der Inhalt meines Lebens sein sollte. Ich würde es heute umschreiben mit: Suche nach Gott in einer Gemeinschaft von Suchenden.“

Es folgten die Gespräche mit den Eltern, mit der Freundin und den Geschwistern. Die Eltern von Pater Andreas Werner sind 2012 (die Mutter) und 2013 (der Vater) gestorben. In geschwisterlicher Einigkeit wurde die Immobilie in der Olympiastraße verkauft und jeder nahm persönliche Erinnerungen an die Eltern mit. Neuss war damit auch Geschichte, heute leben noch gute Bekannte dort. „Dann und wann bin ich in Neuss, besuche die Gräber der Eltern und der weiteren Familie.“ Geboren wurde er allerdings in einer Klinik der Dominikanerinnen in Düsseldorf-Heerdt: „Immerhin auf der richtigen Rheinseite!“

Das Leben eines Laacher Mönches von 2018 und der Zeitgeist sind kein Widerspruch. Ein Beispiel dafür war der Besuch des Bundesliga-Spiels Mainz 05 gegen Schalke 04 mit seinem Bruder Jörg im März 2017. In Neuss ruderte Werner einige Jahre viel auf dem Rhein und 2003 ist er vom Münsterland in 28 Tagen 2800 Kilometer bis nach Santiago de Compostela gefahren. „Die Pyrenäen waren kein großes Problem, da bin ich drüber geflogen – ich hatte schließlich schon 2000 Kilometer in den Beinen“, erzählt er. Momentan kommt er allerdings kaum zum Radeln. Pater Andreas hat einen strammen Tagesablauf. Nach dem Gespräch mit der NGZ warteten Klarissen in Bad Neuenahr auf ihn als Beichtvater. Es ging nicht mit dem Rad dorthin, sondern mit einem Pkw der Abtei.

Probleme in Maria Laach wurden vor etwa zwei Jahren erneut deutlich, als drei Mitbrüder Maria Laach verließen, sie konnten und wollten den Weg nicht mitgehen. Jetzt leben noch 33 Brüder zwischen 35 und 91 Jahren im Konvent. Auch der für die Klostergeschichte so bedeutende, emeritierte Abt Benedikt ist zurückgekehrt und sitzt (auf Wunsch von Pater Andreas) bei den Mahlzeiten im Refektorium neben ihm. Gemeinsam streben sie ein für die Zukunft der Abtei großes Ziel an: „Vom starken Ich zum stärkeren Wir.“ Am 11. Mai 2019 läuft die Zeit von Pater Andreas in Maria Laach ab. Er wünscht sich, zurück in sein Heimatkloster zu gehen. Die zwei Jahre in Maria Laach seit Mai 2016 haben bei ihm Spuren und Nachdenklichkeit hinterlassen, auch wenn er sagt: „Ich habe keine Sekunde meines Lebens bereut, den Weg dieser Lebensform gegangen zu sein.“ Obwohl die Tätigkeit als Prior-Administrator mit Verzicht verbunden ist, ist der geistliche Weg in Maria Laach eine starke Herausforderung für den Mann aus Neuss. Dabei hat er aber seine Fröhlichkeit, den rheinischen Dialekt und eine warmherzige Ausstrahlung behalten. Das würde ihm gewiss auch in jeder wichtigen Berufung ebenso gelingen. Aber damit ist es wie so oft im Leben: Keiner weiß, wie es ausgeht.

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