In Mallorca daheim, in Neuss beheimatet Die Geschichte einer Auswanderin

Weckhoven · Wer von Deutschland nach Mallorca zieht, ist meist im Rentenalter. Marion Behrendt hat diesen Schritt schon mit 25 gewagt. Nur einen Wermutstropfen gibt es in ihrem Leben. Der fällt am letzten Sonntag im August ins Weinglas.

 Marion Behrendt hält sich in Sachen Frisuren-Trends auf dem laufenden.

Marion Behrendt hält sich in Sachen Frisuren-Trends auf dem laufenden.

Foto: Rotger Kindermann

Fast 20.000 „alemanes“ verzeichnet die aktuelle Einwohnerstatistik von Mallorca. Die meisten haben sich irgendwann als ehemalige Touristen so sehr in die Insel verliebt, dass sie hier dauerhaft ihren Wohnsitz eingerichtet haben. Dazu zählt die gebürtige Neusserin Marion Behrendt, die vor 25 Jahren eine Urlaubsreise unternahm, die ihr Leben veränderte:

„Ich bin mit meiner Tante nach Mallorca geflogen, wir wollten nur ein paar Tage ausspannen und Freunde besuchen. Am zweiten Tag gingen wir in ein Café und da habe ich Lorenzo, meinen Mann, gesehen. Es war bei uns beiden Liebe auf den ersten Blick“. Das war alles sehr spontan, aber es „hat funktioniert“, sagt sie. Dabei strahlen ihre blau-grünen Augen rheinische Lebensfreude aus, aber ebenso liebevollen Familiensinn. Ihr Sohn Patrick, erzählt sie, ist mittlerweile 20 Jahre alt: „Er ist drei Viertel Mallorquiner und ein Viertel Neusser. Und er kommt immer gerne mit mir nach Neuss.“

 Schwimmen ist ein beliebter sportlicher Zeitvertreib von Marion Behrendt. Die Buchten an Mallorcas Südküste laden auch dazu ein.

Schwimmen ist ein beliebter sportlicher Zeitvertreib von Marion Behrendt. Die Buchten an Mallorcas Südküste laden auch dazu ein.

Foto: Rotger Kindermann

Genau gesagt nach Weckhoven, wo sie aufgewachsen ist und ihre Lehre als Friseurin gemacht hat, wo ihre Geschwister und ihre Tante Marlene leben und sie jedes Mal  Freunde trifft. Besonders gerne kommt Marion im Dezember, wenn die Weihnachtsmärkte geöffnet haben, aber auch im April oder Mai, weil sie den Frühling am Niederrhein liebt. Das sagt sie ohne Wehmut, weil sie ihr Leben zwischen Neuss und Colònia Sant Jordi ausbalanciert hat: „Neuss bleibt meine Heimat, Mallorca ist mein zu Hause“.

 Die Friseurmeisterin Marion Behrendt aus Weckhoven hat in Coalonia Sant Jordi seit 17 Jahren mit einer Partnerin von der Insel einen eigenen Salon: „Marie y Marion“.

Die Friseurmeisterin Marion Behrendt aus Weckhoven hat in Coalonia Sant Jordi seit 17 Jahren mit einer Partnerin von der Insel einen eigenen Salon: „Marie y Marion“.

Foto: Rotger Kindermann

Doch eine Voraussetzung wollte Marion  vor ihrem Umzug auf die Insel schon geklärt wissen: Kann sie hier ihren Beruf als Friseurmeisterin ausüben? Das war ihr wichtig, denn diese Arbeit ist für sie kein Broterwerb, Haare stylen ist ihre Berufung. Und so entschied sie sich, 1995 erst mal für ein halbes Jahr in einem mallorquinischen Friseursalon „als Test“ zu arbeiten. Bald spürte sie, wie sehr sie gegenüber ihren spanischen Kolleginnen im Vorteil war – auf Grund ihrer Ausbildung im Dualen System, bei dem die praktische Arbeit im Salon im Vordergrund steht. „Meine Lehrzeit bei Britta Lenzen in Weckhoven war Gold wert, da konnte ich die notwenige Erfahrung im Umgang mit Kunden machen.“ Die spanische Ausbildung im Friseurhandwerk findet dagegen in einer Akademie statt. „Diesen jungen Leuten fehlt dann leider die Praxis und mancher findet in dem eigentlich so schönen Beruf keine Zukunft,“ bedauert Marion und blickt auf ihre beruflichen Wanderjahre zwischen Neuss, Düsseldorf und Mönchengladbach zurück, nachdem sie die Meisterprüfung abgelegt hatte.

Im Jahr darauf zog sie endgültig nach Mallorca und arbeitete zunächst als Angestellte in einem Friseurgeschäft, das einer Österreicherin gehörte. Nach dem Babyjahr führte sie einen eigenen Salon in einem Luxus-Hotel, um 2002 schließlich  in Colònia Sant Jordi zusammen mit einer mallorquinischen Friseurin in ein neues Geschäft einzusteigen. „Das klappt hervorragend, wir  sind saisonunabhängig und ganzjährig ausgelastet.“

50 Prozent sind Touristen, die andere Hälfte ist einheimische Kundschaft – mit dieser ausgewogenen Struktur kann der Friseursalon „Maria y Marion“ in der Carrer Major 18 gut existieren. An der Südküste der Insel hat sich herumgesprochen, dass hier Hairstylisten am Werk sind, die ihre Trend-Fühler weit ausstrecken. Ob Clavi-Cut oder French Look, man traut sich was. Maria und Marion gehen mit den Frisuren-Trends.

Das Küstenstädtchen Colònia Sant Jord am Südzipfel der Insel, hat heute gut 3000 Einwohner und über 30 Hotels. Bekannt ist es vor allem auf Grund des nahegelegenen Traumstrandes von Es Trenc, der unter dem Druck des Massentourismus leider seine Romantik eingebüßt hat. Aber unmittelbar dahinter liegen ausgedehnte Pinienwälder und die rosafarbenen Lagunen der einzigartigen Salzgärten. Dort, wo die Natur noch weitgehend in Ordnung ist, hat Marion ihre ideale Laufstrecke gefunden. „Das fühlt sich an wie ein Ausflug ins Paradies.“ Sobald die Sommerhitze kommt, geht sie lieber Schwimmen, das Mittelmeer liegt ja vor der Haustür.

Dennoch, einen Wermutstropfen gibt es in Marion’s  deutsch-spanischen Doppelleben. Der fällt am letzten Sonntag im August ins Weinglas, wenn sie vor dem Fernseher sitzt und sich im Fernsehen die Neusser Königsparade anschaut. Live war sie zuletzt vor  23 Jahren dabei. „Das ist für jemand, der in einer Schützenfamilie aufgewachsen ist, schon hart,“ gesteht sie. Aber gerade im Spätsommer und Herbst kommen viele deutsche Stammkunden auf die Baleareninsel, die in der Umgebung Eigentum haben. Da kann sie das Geschäft nicht im Stich lassen.

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