Neuss Luthers Lieder neu interpretiert

Neuss · Die Berliner Sängerin kam auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum "Neusser Kulturtreff" und stellt dort vor allem ihre CD "Freiheit - auf den Spuren Martin Luthers" vor. Doch sie begeisterte auch mit Songs von Mahalia Jackson.

 Die Soul- und Jazzsängerin Sarah Kaiser wurde in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche am Keyboard von Samuel Jersak begleitet. Er hat auch die meisten der Arrangements geschrieben.

Die Soul- und Jazzsängerin Sarah Kaiser wurde in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche am Keyboard von Samuel Jersak begleitet. Er hat auch die meisten der Arrangements geschrieben.

Foto: Woi

Der "Neusser Kulturtreff" , von der Konrad-Adenauer-Stiftung Rheinland unter der Schirmherrschaft von Bundesminister Hermann Gröhe (MdB) veranstaltet, hatte sich auf seinem letzten Treff auch auf 500 Jahre Reformation und Martin Luther eingelassen. Rund 240 Gäste in der evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Kirche kamen zum "Luther-Event-Konzert".

"Diesen Begriff kannte ich als geborener Lutheraner nicht", sagte in seiner Begrüßung Christian Koecke, bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Koordinator für Grundsatzfragen, "aber ich bin gespannt, wie man den alten Luther auf neue Art und Weise interpretiert."

Eingeladen war die Berliner Jazz- und Soulsängerin Sarah Kaiser (43), die seit zwei Jahrzehnten vor allem in der evangelischen Kirchenmusik bekannt ist. Ihre bisher erfolgreichste CD "Gast auf Erden" mit jazzigen Neuinterpretationen der Lieder des bedeutenden Theologen und Dichters Paul Gerhardt (1607 - 1676) wurde vor rund zehn Jahren auch im Rhein-Kreis Neuss gefeiert.

Zum Reformationsjubiläum hat sie die CD "Freiheit - auf den Spuren Martin Luthers" im vergangenen Jahr veröffentlicht. Daraus stammten die meisten Songs, wie auch der erste Titel "Zugvögel". Das sehr balladeske "Der Himmel wartet schon auf uns!" hat wenig mit Jazz zu tun, eine Mischung aus Gospel und Soul wird von dem sehr versierten Samuel Jersak am Keyboard zelebriert.

Der Berliner Jazzpianist hat die meisten Arrangements geschrieben. So auch für die Hymne "Ein feste Burg ist unser Gott", die mit geringen rhythmischen Veränderungen Martin Luthers Festgesang (1528) variiert. Ganz gleich arrangiert ist Martin Luthers "Aus tiefer Not schrei ich zu dir" nach Psalm 130 (1524).

Just nach dem wirkungsvollen instrumentalen Intro erreichte Bundesminister Hermann Gröhe die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche; er hatte sich auf dem Weg von "Jamaika" nach Neuss verspätet und verzichtete auf sein Grußwort.

Der Titelsong der aktuellen CD Sarah Kaisers ist "Freiheit". In ihren vielen persönlichen Bekenntnissen widmete sie diesen Song "allen Menschen, die in gewissenloser Zeit nicht frei sind". Und: "Wenn Gott in mir nichts erneuert, dann kann auch ich nichts neu machen!" Es folgt endlich ein wirklich jazziger Titel, der gar einer Improvisation (Samuel Jersak) Raum gab und begeisternd gesteigert wurde.

Erstmals sang Sarah Kaiser Scats mit ihrer prägnanten Stimme, die allerdings in den Höhen nur mit viel Kraft zu gestalten sind. Ähnlich groovend kommt das Volkslied "Die Gedanken sind frei" (Hoffmann von Fallersleben) zupass, während andere Titel wohl nur dazu dienten, die CD zu vervollständigen.

Was haben Aufklärung (Immanuel Kant) und Reformation (Martin Luther) gemeinsam? "Nur die Liebe bleibt!". Das war etwas karg wie auch der neue Text "Mein Herz ist voll!" zu der alten Melodie "Nun freut euch, liebe Christgmein". Und auch Luthers Dichtung "Vom Himmel hoch" (1539) mit vermutlich seiner eigenen Melodie ist im Original attraktiver als die künstliche Verjazzung. So war es nicht verwunderlich, dass die Jazzsängerin den weitaus meisten Applaus für ihre Zugabe erhielt, in der sie einen Gospelsong von Mahalia Jackson in sehr überzeugender Interpretation und mit verblüffend gleichem Timbre ihres Vorbildes bot.

(NGZ)
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