Neuss "Lukas" prüft Kooperation im Rheinland

Neuss · Kommunale Krankenhäuser stehen im Wettbewerb. Gutachter raten zur Zusammenarbeit über lokale Grenzen hinweg. Das Lukaskrankenhaus folgt einer Einladung nach Leverkusen, um Chancen und Risiken einer Kooperation auszuloten.

Im März geht Sigurd Rüsken auf Dienstreise. Sein Ziel Leverkusen, das der Geschäftsführer des städtischen Lukaskrankenhauses dabei ansteuert, ist nicht spektakulär, wohl aber sein Arbeitsauftrag: Zehn rheinische Kliniken, darunter neben Neuss weitere kommunale Häuser, etwa aus Köln, Porz, Solingen und Wermelskirchen, sind eingeladen, um gemeinsam zu auszuloten, wie sie sich durch kluge Kooperationen für die Zukunft noch besser (finanziell) aufstellen können. Die Initiative geht vom Geschäftsführer des Leverkusener Klinikums, Hans Peter Zimmermann, aus, der seine Ideen bereits persönlich in Neuss an der Preußenstraße präsentierte — und nicht auf Ablehnung stieß.

"Wir nehmen die Einladung natürlich an", sagt Thomas Nickel, Vorsitzender des "Lukas"-Verwaltungsrates: "Wir werden alles tun, um unser Neusser Lukaskrankenhaus fit für den Wettbewerb der kommenden Jahre zu machen." Es sei richtig, ohne finanzielle Not und zeitlichen Druck rechtzeitig Strategien zu entwickeln, ehe Kommunen über den Verkauf oder gar die Aufgabe von Kliniken nachdenken müssten. Beispiele von Krefeld über Düsseldorf bis nach Wuppertal seien bekannt. Er selbst beschäftigte sich mit dem Thema Kooperationen schon lange: "Wir prüfen immer, wie wir uns verbessern und stärken können — zum Wohl der Patienten."

Nickel sieht sich in seinen Überlegungen durch ein Gutachten bestätigt, das die Unternehmensberater von Kienbaum bereits vor einiger Zeit auf Initiative aus Leverkusen vorgelegt hatten. Auch der langjährige AOK-Chef Wilfried Jacobs hatte sich stets starke kommunale Krankenhäuser gewünscht, die sich durch Kooperationen auch über lokale Grenzen hinweg einen größeren Gestaltungsspielraum verschaffen. Nur so könne verhindert werden, so Jacobs vor Jahresfrist in der NGZ, dass immer mehr kommunale Krankenhäuser unter den Einfluss von börsennotierten Unternehmen geraten: "Kommunale Träger haben bei allem Zwang zur Wirtschaftlichkeit auch immer einen aufmerksamen Blick für das Patientenwohl."

Wie könnte eine Kooperation aussehen? Nach Auffassung der Leverkusener müsste nicht jedes Krankenhaus eine eigene Wäscherei oder Sterilisation betreiben. Auch bei den Verwaltungen ließen sich Organisationsbereiche zusammenfassen. Auch der medizinische Materialbedarf ließe sich gemeinsam als "ein Großkunde" einkaufen. So detailliert mag sich in Neuss noch niemand äußern. Doch eins wissen die hiesigen Krankenhaus-Manager auch: "Es geht um mehr als um das Austauschen von Einkaufspreisen."

Mehr als 200 Millionen Euro wurden in den vergangenen 20 Jahren in das Lukaskrankenhaus investiert. Das 518-Betten-Haus versorgt in elf Fachabteilungen jährlich 106 000 Patienten, davon 26 000 stationär. Es schreibt bei einem Umsatz von 130 Millionen Euro schwarze Zahlen. Den Marktwert beziffern Experten mit 130 Millionen Euro. Nickel und Rüsken wollen den erworbenen medizinischen Standard und die gesunde finanzielle Basis auf Sicht sichern. Darum zeigen sie sich offen für "sinnvolle Kooperationen".

Die geografisch naheliegende Lösung, mit den Kreiskrankenhäusern in Dormagen und Grevenbroich enger zusammenzurücken, scheint derzeit politisch nicht gewollt. Bleibt also der Blick über die Kreisgrenze hinaus. Die Leverkusener Initiative ist eine spannende Option. "Warum sollen wir nicht prüfen, wie sich kommunale Krankenhäuser im Verbund organisieren können?", fragt Nickel: "Nichts anderes tun die privaten Ketten doch auch." Am Ende werde aber keine Rheinland-Krankenhaus AG stehen. Das hat auch Initiator Zimmermann aus Leverkusen nicht im Sinn: "Die Eigenständigkeit der Kliniken stelle ich nicht zur Dispositon."

(NGZ/rl)
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