Neuss Lesementoren nehmen ihre Arbeit auf

Neuss · 20 Neusser habe sich als ehrenamtliche Helfer für ein Projekt der Werhahn-Stiftung zur Verfügung gestellt.

 Eva Müller (M.) vermittelte einigen Lesementoren der Werhahn-Stiftung einen Überblick über Bestand und Möglichkeiten der Stadtbücherei Neuss.

Eva Müller (M.) vermittelte einigen Lesementoren der Werhahn-Stiftung einen Überblick über Bestand und Möglichkeiten der Stadtbücherei Neuss.

Foto: woi

Die ehemalige Sekretärin Marlies Schaack hat ihren eigenen Söhnen, als sie klein waren, vorgelesen und sie zum Lesen ermuntert: "Weil meine Söhne ihre schulische Laufbahn erfolgreich abgeschlossen haben, will ich etwas zurückgeben", sagt die 65-Jährige. Dann hat sie erfahren, dass die Werhahn Stiftung das Projekt "LeseMentor Neuss" ins Leben ruft und sich gemeldet. Wie alle Lesementoren – derzeit sind es 20 Frauen und Männer – wurde sie für die Einzelbetreuung von der Volkshochschule in Seminaren geschult und dann an ihren "Einsatzort" vermittelt.

"Morgen habe ich bereits meinen ersten Einsatz", sagt sie spürbar aufgeregt. "Es ist ein Junge, der in die vierte Klasse geht, und ich habe bereits zwei Bücher ausgesucht, von denen ich glaube, dass sie ihm gefallen könnten." So kurz vor der ersten Lesestunde kam die spezielle Führung durch die Stadtbibliothek am Donnerstagabend gerade recht. Die stellt als besonderes Angebot den Lesementoren kostenlose Nutzerausweise aus.

Eva Müller, die die Programmarbeit für Kinder und Jugendliche betreut, führte die Teilnehmer durch das Gebäude, zeigte Schwerpunkte und legte besonderes Augenmerk auf die Kinderbücherei im Erdgeschoss. Dort gibt es gemütliche Sitzgelegenheiten und kleine versteckte Plätze, an die sich die Lesementoren mit ihren Schützlingen zurückziehen können, um in Ruhe zu schmökern. Im Anschluss daran bekamen die Lesementoren eine Liste mit Büchern, die besonders für die Arbeit von Kindern und Jugendlichen mit Defiziten in der Sprach- und Lesekompetenz geeignet sind.

"Ich werde mal sehen, ob ich mit dem Jungen abwechselnd laut vorlese oder ein kleines Rollenspiel mache", sagt Marlies Schaack, die offen und kreativ an ihre neue Aufgabe herangeht. Erfahrung bringt sie bereits mit: "Ich begleite zwei Grundschüler beim Lernen. In meinem Beruf hatte ich viel mit Sprache und Lesen zu tun. Deshalb möchte ich die Kinder auch dabei unterstützen, Lesekompetenz zu erwerben."

In Neuss leben rund 11 000 Kinder im Alter von acht bis 15 Jahren, von denen rund 200 dringend Hilfe zur Stärkung der Lese-, Schreib- und Sozialkompetenz als Grundstein jeder Bildung benötigen. Dabei will auch Inge Schaumann helfen: Die 79-Jährige betreute vor einigen Jahren eine portugiesische Schülerin der Barbaraschule. "Sie war sehr schüchtern und las nur die Buchstaben, ohne sie zu Wörtern zusammenzusetzen", sagt sie. Spielerisch gewann sie das Vertrauen des Kindes. "Wir bastelten Pferde – und plötzlich begann sie, die Namen der Tiere vorzulesen", sagt sie. Dann sei das Mädchen in einen anderen Stadtteil gezogen. "Als ich von dem Projekt der Werhahn-Stiftung gehört habe, habe ich mich erinnert, wie viel Spaß mir die Arbeit mit dem Mädchen gemacht hat. Daran möchte ich gerne anknüpfen."

Insgesamt ist die Werhahn-Stiftung mit der ersten Resonanz für "LeseMentor Neuss" zufrieden. "Ein Projekt kann immer nur so erfolgreich sein, wie die gute Zusammenarbeit aller Akteure, die es gemeinsam tragen", sagt Helene Reuter, Sprecherin der Werhahn-Stiftung. "Wir sind in der glücklichen Lage, dass das Projekt von der Stadt, der VHS und der Stadtbibliothek aktiv unterstützt wird."

(NGZ)
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