Rheinische Landestheater in Neuss Wie gegenwärtige Theaterautoren arbeiten

Neuss · Eine neue Reihe am Rheinischen Landestheater widmet sich der aktuellen Dramatik. Den Anfang machte Hausautor Olivier Garofalo. Sein Stück „Am Ende des Tages“ hat in der nächsten Spielzeit Premiere.

 Antonia Schirmeister, Juliane Pempelfort, Laila Richter,Benjamin Schardt (v.l.) lesen aus dem Stück „Am Ende des Tages“.

Antonia Schirmeister, Juliane Pempelfort, Laila Richter,Benjamin Schardt (v.l.) lesen aus dem Stück „Am Ende des Tages“.

Foto: RLT/Max Schubert

Die Stimmung im neuen Stück von Olivier Garofalo ist bedrückend. Es spielt kurz nach einer Katastrophe. Gerade erst haben die Menschen eine Jahrhundertflut überstanden, nun müssen sie sich wieder neu ordnen – Wege suchen, wie sie sich in der Welt, in der so vieles anders ist, zurechtfinden können. In jenen Zeiten hat eine Moderation mehrere Gäste in ein abgelegenes Landhaus geladen, um ihre nächste Talkshow vorzubereiten.

Zwar wird „Am Ende des Tages“, so der Titel des Dramas, erst in der nächsten Spielzeit des Rheinischen Landestheaters uraufgeführt. Doch schon jetzt gaben Juliane Pempelfort, Laila Richter, Benjamin Schardt und Antonia Schirmeister mit einer szenischen Lesung einen kleinen Einblick in die Handlung. Sie übernahmen die Rollen der Talkshowgäste und wechselten zugleich immer wieder zu einem „Chor der Verunsicherten“, der sich mit lauten Parolen immer näher auf das Landhaus zubewegte.

All das konnten die Zuschauer über die Videoplattform Zoom von zu Hause aus verfolgen. Gut 50 Teilnehmer waren es, die sich an jenem Abend zugeschaltet hatten.

Die Veranstaltung gab aber nicht nur einen Vorgeschmack auf die kommende Spielzeit, sondern war sogleich der Auftakt eines neuen Formats des Rheinischen Landestheaters. Unter dem Titel „Vom Blatt zur Bühne“ soll die Gegenwartsdramatik in den Fokus gerückt werden. Die Idee: Während Namen wie Lessing, Goethe und Brecht den meisten bekannt sind, kennen nur wenige Menschen die Autoren, die aktuell für das Theater schreiben. Um das zu ändern, möchte das RLT nun in regelmäßigen Abständen Gegenwartsautoren einladen und sie und ihre Stücke vorstellen. Geplant ist die Reihe zunächst bis Ende Juni.

Den Anfang machte nun also Olivier Garofalo, den Caroline Stolz gleich zu Beginn ihrer Intendanz als Hausautor engagiert hat. Für die Zuschauer war nicht nur der Einblick in sein Stück interessant, sondern auch, etwas über die Entstehungsgeschichte und den Arbeitsalltag eines Theaterschreibers zu erfahren. Garofalo erzählte so etwa, dass er sich in einer besonderen Position befinde. Gleich für mehrere Spielzeiten als Autor engagiert zu sein, sei in der Theaterwelt nicht häufig. „Das hält einem den Rücken beim Schreiben frei“, erzählt er. Auch fördere es die Kreativität: „Man muss nichts schreiben, nur weil es gerade zum Markt passt“.

Die Stücke entwickelt er passend zur Spielzeit, die immer unter einer programmatischen Leitfrage steht. Für „Am Ende des Tages“ hat er sich etwa mit Empathie auseinandergesetzt und sich auf Anregung von Caroline Stolz mit der Figur des heiligen St. Martin beschäftigt. Das Drehbuch ist in Zeiten der Corona-Pandemie entstanden: „Erst dachte ich, es sei eine super Zeit zu schreiben“, sagt er, „tatsächlich war ich aber lange blockiert. Es dauerte eine Weile, bis ich einen Zugang bekommen habe.“ Explizit erwähnt hat er die Pandemie in seinem neuen Stück nicht, dennoch sei er von der Zeit geprägt worden.

Und auch darum geht es in der neuen Theaterreihe rund um die Gegenwartsdramatik. Das RLT wirft in dem Format auch die Frage auf, ob die aktuellen Texte uns möglicherweise anders berühren, „weil sie ganz konkret zu unserer Zeit etwas zu sagen haben?“ Eine mögliche erste Antwort darauf gab es in der angeregten Abschlussdiskussion. Als Chefdramaturgin Eva Veiders die Zuschauer nach ihren ersten Eindrücken fragte, waren es besonders zwei Reaktionen, die sich wiederholten: „Erschreckend, wie sehr das Stück an die jetzige Situation erinnert.“ Und: „Es fühlt sich alles sehr nah an.“

Wie Eva Veiders das digitale Arbeiten sieht, lesen Sie hier.

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