Neuss Kunstraum-Macher Günter Meuter ist tot

Neuss · Er konnte unglaublich gut zeichnen. Doch zuletzt war er mehr Wirt denn Maler. Er selbst sah sich als Gesamtkunstwerk. Jetzt verlor er den Kampf gegen den Krebs. Sein Kunstraum, die Trafostation an der Deutschen Straße, ist Vergangenheit.

 Im Outfit eines russischen Revolutionärs trat Günter Meuter 1991 an.

Im Outfit eines russischen Revolutionärs trat Günter Meuter 1991 an.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Man musste Günter Meuter nicht mögen. Er war schrill, schräg, direkt. Der Mann mit dem Hut überschritt Grenzen, nervte; für ihn bedeutete "Political Correctness", die Wahrheit zu sagen — oder das, was er dafür hielt. Doch keiner kann behaupten, ihm sei Günter Meuter egal gewesen. Mehr noch. Auch die, die ihn vielleicht lieber von hinten sahen, versagten ihm nicht die Anerkennung für seine Schaffenskraft.

Der studierte Grafiker und Designer inszenierte sich selbst als Gesamtkunstwerk: "Alles, was ich mache, ist Kunst, egal ob ich koche oder mit Menschen umgehe." Er war voller Fantasie, hatte Ideen, dachte visionär, dachte groß. Klein ging gar nicht. Er trank im "Drusushof" und sprach von Hollywood. Aus. Vorbei. Günter Meuter ist tot. Seit einem Jahr wusste er, dass er den Kampf gegen den Krebs verlieren würde. Tapfer ging er seinen Weg zu Ende. Jetzt schlief er im Gespräch mit einem Freund im Lukaskrankenhaus friedlich ein. Günter Meuter wurde 62 Jahre alt. Am Montag wird er zu Grabe getragen.

Mit dem Tod von Günter Meuter verliert die Stadt Neuss nicht nur eines ihrer letzten Originale, sondern auch einen begabten Künstler. Er war handwerklich stark, konnte unglaublich gut zeichnen. Seine Bilder sind begehrte Sammlerobjekte geblieben. Im Laufe der Jahre ließ er den Künstler in einem Gesamtkunstwerk aufgehen. Der Maler war gestern, der Macher heute — er inszenierte sich mit Haut und Haaren.

Untrennbar mit dem Namen Günter Meuter verbunden ist der "Kunstraum" — drei Standorte, ein Standpunkt: Raum für die Avantgarde. Alles fing 1985 an. In einem alten Fabrikgebäude am Berghäuschensweg begründete Meuter seinen ersten Kunstraum. 1988 zog er in eine ehemalige Kartonagefabrik an der Further Straße um. Es folgte seine wohl stärkste Zeit: Auf 300 Quadratmetern präsentierte er 293 Künstler aus 31 Ländern in 60 Ausstellungen — darunter Sibylle Szaggars, die spätere Ehefrau des Filmschauspielers Robert Redford. Das passte.

Die meisten Neusser werden Günter Meuter als Hausherren an der Deutschen Straße in Erinnerung behalten. Die ehemalige Trafostation wurde vor gut zehn Jahren sein dritter Kunstraum mit angeschlossenem Biergarten und Bayern-Bier-Hütte — oder war's umgekehrt: Eine Kneipe, in der gelegentlich auch Kunst gezeigt wurde? Die Antwort ist müßig. Aus. Vorbei. Günter Meuter ist gegangen. Er war, er ist und er bleibt ein großer Kunstschaffender, der Neuss und die Neusser bewegt hat. Für Freigeister wie ihn muss es Platz in der Gesellschaft geben. Neuss hat Günter Meuter diesen Platz gewährt. Er hat sich auf seine Art und Weise bedankt: Wo er war, war Neuss niemals langweilig.

(NGZ/rl/anch/top)
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