Neuss Kunstobjekt Wagenheber

Neuss · Die in Schweden geborene Künstlerin Sofia Hultén zeigt in einer Ausstellung im Japanraum der Langen Foundation, wie sich alltägliche Dinge zu Kunst verwandeln. "Statik Elastik" heißt die Schau.

 Die Wagenheber stammen aus Autowerkstätten, wurden wirklich gebraucht und sind jetzt ein Kunstobjekt: Die Plastik "No NoNo No No".

Die Wagenheber stammen aus Autowerkstätten, wurden wirklich gebraucht und sind jetzt ein Kunstobjekt: Die Plastik "No NoNo No No".

Foto: B. Steingiesser

Zum Schluss hatte sie das Gefühl, dass sie jedes Teil genau kennt. Einen Werkzeugkasten hatte Sofia Hultén da ausgeräumt, sein Innenleben in jedem einzelnen, noch so kleinen Teil gefilmt. 1014 Schrauben, Muttern, Zangen und ähnliches, jedes vier Sekunden lang und dann zusammengefügt zu einem Video "Past particles" von 72 Minuten, das nun über einen alten Bildschirm in ihrer neuen Ausstellung läuft.

Die macht aus dem Japanraum in der Langen Foundation erneut einen Ort der zeitgenössischen Kunst, verwandelt ihn aber auch zu einer Gesamtinstallation. Denn Sofia Hultén hat sich für die Schau "Statik Elastik" ganz und gar auf den Raum eingelassen und ihn mit sechs Arbeiten nicht einfach bestückt, sondern neukonzipiert.

Deswegen schreibt sie zu Recht dem Besucher vor, wie er den Raum zu betreten hat. Durch die Tür an der Stirnwand, so dass der Blick regelrecht in den Raum hineinfällt und selbst an dessen Ende nicht aufgehalten wird. Denn auf der anderen nur fünf breiten Stirnwand, in 46 Meter Entfernung, geht der Blick raus auf eine Straße. Autos rasen vorbei, Radfahrer sind zu sehen — und ein Mensch, der wie gebannt vor einem Container steht. Der Mensch, das ist Sofia Hultén, die kraft ihrer Gedanken ("Achtung, jetzt wird es ganz esoterisch", kommentiert sie selbst lachend) den Container bewegen will.

Wie bitte? Natürlich geht sie nicht davon aus, dass der sich faktisch auch nur einen Millimeter bewegt, aber dennoch ist dieses Video namens "Immovable Object/Unstoppable Force" ein beredtes Beispiel für die Arbeit und Herangehensweise der heute in Berlin lebenden Künstlerin.

Denn sie findet ihre Kunst-Objekte im Alltag. Material im ursprünglichen Sinn, denn "Material ist Energie". Diese legt sie frei, indem sie das Material bearbeitet, zeitlich oder räumlich ausdehnt. Abbruchsteine zermalmt sie und fügt sie über zuvor abgenommene Abgüsse wieder zusammen. Ein Holzlatte mit grünen Farbresten aus einer Pfütze bewegt sie zu Überlegungen über das "Wie konnte es dazu kommen?", und sie entwickelt mehrere Szenarien für ein Video ("4-D"). Immer mit derselben Holzlatte und nach jeder Aktion wieder sauber abgeschliffen, damit sie ihren verdreckten Endzustand wieder erreicht.

Oder aus gesammelten ausrangierten Wagenhebern diverser Autowerkstätten montiert Sofia Hultén drei Stelen, die den Japanraum fast auch beherrschen und in der Anbringung eine "echte Herausforderung" waren, wie Kuratorin Christiane Maria Schneider lachend zugibt. Auch mit dieser Ausstellung hat sie erstens wieder eine glückliche Hand bei der Künsterauswahl und zweitens die Verwandelbarkeit des strengen Japanraums bewiesen.

(NGZ/rl)
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