Kulturforum Alte Post Tanztheater über Sorgen der Jugend

Neuss · Das Geschwister-Scholl-Haus und die Alte Post präsentierten eine Hip-Hop-Produktion. Die Vorstellung kam bei den Zuschauern sehr gut an.

 Die Kinder wollen nicht in das Camp. Davon lassen  sich Busfahrer Terry (Affy Malemba) und der Beobachter (Tomasz Piatkowski) nicht irritieren.

Die Kinder wollen nicht in das Camp. Davon lassen  sich Busfahrer Terry (Affy Malemba) und der Beobachter (Tomasz Piatkowski) nicht irritieren.

Foto: Natalie Urbig

Es ist einiges los im Kulturforum Alte Post: Die Zuschauerreihen in dem Aufführungssaal sind gut gefüllt. Erwachsene, Kinder und Jugendliche haben es sich dort bequem gemacht und wundern sich, was es mit dem Spielgeld auf ihren Sitzen auf sich hat (dazu später mehr), vor allem aber sind sie gespannt darauf, die Premiere des Jugendstücks „Exit“ zu sehen. Das haben Affy Malemba und Tomasz Piatkowski in den vergangenen Monaten mit mehreren Jugendlichen im Alter von 8 bis 18 Jahren einstudiert – die Produktion ist ein Gemeinschaftsprojekt des Geschwister-Scholl-Haus und der Alten Post.  Entstanden ist ein Tanztheaterstück mit Hip-Hop-Elementen, das es in sich hat.

Zunächst ist da ein stiller Beobachter (Tomasz Piatkowski), der sich bedacht über die Bühne bewegt und das Geschehen verortet: In einem Paralleluniversum werden Kinder, die traurig oder wütend sind, in „Camps“ weggesperrt. „Aus den Augen aus dem Sinn“, so das Motto. Davon sind auch sieben Mädchen betroffen, die widerwillig ins Camp „Exit“ geschickt werden. Schon beim Kennenlernen legt sich J.D. mit dem Campleiter und Busfahrer „Terry“ (Affy Malemba) an, Influencerin Britney ist nur an Selfies interessiert und ein Mädchen will überhaupt nicht sprechen. Doch Terry lässt sich von ihnen die Laune nicht verderben: Er täuscht scharfe Kurven an, die für einige Lacher im Publikum sorgen. Schon auf der Busfahrt gibt es die ersten Beats und die erste Tanzeinlage.

Angekommen im Camp hat sich die Laune der Kinder und Jugendlichen kaum gebessert, doch die Erwachsenen dort begegnen ihnen mit Geduld und Verständnis – behandeln sie auf Augenhöhe, stärken sie in ihren Talenten und Fähigkeiten. Nach und nach beginnen die Jugendlichen, sich zu öffnen. Sie fangen an, von ihren Sorgen zu erzählen: den geschiedenen Eltern, der Vernachlässigung, der Überforderung oder gar den Tod einer geliebten Person. Und so stellt sich nach und nach heraus, dass hinter der trotzigen Schale meist ein Haufen eigener Probleme stecken. Man kann sich gut vorstellen, dass dies auch Erfahrungen sind, die Jugendzentren in ihrer alltäglichen Arbeit machen. Es wird auch Kritik am System geübt: In den Akten, die die Behörden über die Kinder schreiben, wird nämlich deutlich, dass sie diese überhaupt nicht kennen. Und als dann noch das Camp wegen Geldmangel geschlossen werden soll, organisieren die Jugendlichen ein Konzert und sammeln Spenden. Nun wird auch den Zuschauern klar, was das Spielgeld auf ihren Plätzen bedeutet – eine schöne Idee, um auch das Publikum einzubeziehen. Das dankt am Ende mit lautem Beifall für die Vorführung.

(ubg)
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